2006-06-11

LILI MARLEEN: Reisebericht 11.-18.06.2006 Warnemünde - Visby - Tallinn - St. Petersburg - Helsinki - Saaremaa - Gdingen - Warnemünde (Original Travel Report in German only)

Sorry - but my first travel reports were only published in German. Therefore please use a translator service like with Google to get a rough idea what I wrote then. Thanks for understanding.


Auszüge aus eigenen Beiträgen im cruise-chat.com.
Auf das Kopieren fremder Beiträge (= direkte Reaktionen) wurde verzichtet.
Daher bitte um Verständnis, wenn Teile als zusammenhangslos wirken.


12.06.2006:


Liebe Forum-Mitglieder,

egal was einem auf der Jungfernfahrt oder später passiert ist - Jeder tut mir leid, dem so etwas widerfährt -

aber im Moment haben wir strahlenden Sonnenschein und eine tolle Crew, die einen auf Händen trägt. Und diese Crew hat es verdient, dass sie sich auch "normalen" Umständen, beweisen kann.

Auch wenn ich noch nicht einmal 24 Stunden an Bord bin und mich als First-Time-Kreuzfahrer oute.

Ich bin froh, dass viele Meinungen, dazu beigetragen haben, dass ich mich wirklich auf die Reise freue und genieße.

Diejenigen, die gebucht haben, können sich auch schon freuen.

Wenn es so weitergeht, wird die Reise ein voller Erfolg.

Es gibt so Details, die unschön sind und die 30 Jahre auf dem Buckel schon zeigen. Aber ich kenne auf Land viele Hotels, die mehr Sterne haben, bei denen ich ohne Vollpension mehr zahle und weitaus mieser sind!

Ich muss jetzt auf meiner ersten Station in Visby raus. Sobald wir mal irgendwo UMTS haben, werden wir auch die ersten Bilder einspielen.

Bis dahin genießen wir das Leben an Bord.

Herzliche Grüße aus Visby.
HeinBloed


13.06.2006:

Ich bin doch nicht blöd - Mann!

Lasst mich mal auf meiner Reise die Schiffsratte von Käpt'n Blaubär.

Blöd ist er nämlich nicht - nur er sieht viele Sache aus einem anderen Blickwinkel. Und manchmal ist es schade, dass viele von uns diesen Blickwinkel verloren oder abgelegt haben, weil sonst die Welt bestimmt schöner und besser vielleicht wäre, wenn man nicht alles so verbissen sehen würde.

Vor allem eines: Er bringt mich manchmal mit seinen Reaktionen zum Lachen, auch wenn mir nicht danach ist. Deswegen liebe ich ihn.

Nur so lässt in meinem realen Leben das eine ohne andere besser Ertragen.

In diesem Sinne:

Alles im Lot auf Boot
alles in Butter auf dem Kutter...

Gruss aus Tallinn
HeinBloed


Hallo Diana,

ich glaube nicht, dass die Schilderungen überzogen waren und dass die Vorkommnisse nach der Inbetriebnahme der Lili Marleen es durchaus gab und möglicherweise auch Situationen eskaliert sind. Aber das war wohl eine einmalige Sache, mit der damals die Crew in einer Extremsituation überfordert war. Sie ist sicherlich für heutige Verhältnisse nicht mehr repräsentativ. Und glaube mir: deine Verunsicherung vor Antritt der Fahrt habe ich geteilt. Nur dank der Hilfe vieler Forumsmitglieder überwunden, die mich echt ermuntert haben, trotzdem zu fahren und nicht die Reiserücktrittsversicherung unter einem Vorwand greifen zu lassen. Vor allem Dank der DVD von Gerd (shiplover 2002).

Man geht hier an Bord mit der Kritik hier im Forum von damals sehr offensiv um. Am 1. Abend fand eine Vorstellungsrunde statt und da wurden die Probleme, die es mit Mona Lisa im letzten Jahr gab und dann mit der Jungfernfahrt der Lili Marleen, geschildert. Auch bestätigten mir Reiseleiter in persönlichen Gesprächen, dass es für sie auch eine Qual war und es wird nichts abgestritten oder beschönigt. Nur mache Szenen, die im Internet beschrieben wurden, liefen aber auch nicht so ab – Da gibt es sicherlich mehrere Sichtweisen.

Wenn man die Bilder von QM2 oder aus der ZDF-Serie oder Love Boat sieht und das hier erwartet: hier geht es so nicht zu und das sieht hier auch nicht so aus.

30 Jahre lassen sich nicht verleugnen und das sieht man.

Wenn du Zeit hast, dich lange in der Kabine aufzuhalten, kannst du sicherlich die angerosteten Stellen an den Kleiderbügel nachzählen, du kannst dich im Bad wundern, warum das nicht aussieht, wie in einer GROHE-Bad-Ausstellung, du kannst ja versuchen die Austrittstellen der Klimaanlage der Decke abzuschlecken, um die Decke zu weißen usw. usw. Aber eigentlich sind es wirklich nur Schönheitsfehler – die Klimaanlage läuft wie eine 30 Jahre alte Klimaanlage nun mal läuft – natürlich würde ich mir lieber individuell die Temperatur und den Luftzug einstellen. An den Armaturen hilft auch keine 100%-ige Konzentration von Essigsäure nicht mehr, aber das Wasser läuft – sowohl kalt als auch warm. Es kommt genügend Wasser aus der WC-Spülung und wenn ich den Kleiderschrank zumache, sehe ich die Roststellen auch nicht mehr. Vor 30 Jahren wurde so etwas eben nicht noch heißverzinkt. Auch hast du keinen Massageduschkopf, den du persönlich umstellen kannst, um den Wasserstrahl zu regulieren. Und falls du einen Ein-Hand-Mischer hast: Fahr zu deiner Oma und lerne nochmals, ob man zunächst Kalt oder Heiß andrehen sollte, um seine optimale Temperatur zu erhalten. Und wie in jedem Hotel: wenn alle gleichzeitig duschen gibt es nun einmal Wasserdruck- und Temperaturschwankungen – allerdings in einem sehr tolerierbaren Bereich.

Es war eben eine griechische Reederei vorher, die vorher versucht hat es zu renovieren und das merkt man. Mikis Zemenditis, Janis Komplizis und Retisina waren hier am Werk nachdem sie die Olympischen Spiele in Athen in die Wege gebracht haben und so sieht es auch aus. Aber im Inter-Continental in Athen sah es genauso aus und an manchen Ecken fragt man sich, muss den alles so aussehen, wie auf der Akropolis??? Das Schiff wurde eben nicht bei Blohm + Voss oder bei Meyer in Papenburg renoviert.

Was aber wichtig ist: Die Leute hier an Bord tun hier alles, um dich glücklich zu machen. Vor allem es geht hier sehr familiär zu und das sieht man auch am Umgang untereinander.

Auch mit Tipps, mit denen sie sich selbst „schaden“, wie z. B. keine Bord-Telefonkarte zu kaufen, sondern lieber dein Handy zu nutzen – jedoch nicht in St. Petersburg.

Rezeption: Es wurde alles aufgeschrieben und das funktionsbezogen, so dass jeder der etwas erledigen kann, sofort die Aufgabenstellung erhält. Als wir wenig später von der Rettungsübung gekommen sind, wurde schon vieles erledigt.

Reisebüro: Sie tun alles, dass wir St. Petersburg kurz Gelegenheit haben, mit einer Freundin eine Tasse Kaffee zu trinken, obwohl wir kein Visum haben und mit einer Gruppe unterwegs sind.

Restaurant: Sag denen was du willst – solange du nicht erwartest, dass sie ihren Arm für dich abhacken sollen, erfüllen sie dir jeden Wunsch und holen die dir eine 2. Portion oder was auch immer. Z. B. Grüner Tee. Sie sprechen sich mit Diabetikern und sonstigen Leuten mit Speisevorschriften ab, um Lösungen zu finden.

Das Essen ist im Großen und Ganzen auch in Ordnung. Du bekommst fünf Gänge, in denen du in der Stadt durchaus 20-30 EUR dafür hinblätterst. Die Portionen sind kleiner, aber sie machen als vollständiges Menü satt. Ansonsten kannst du dir ja noch am Salat-, Obst- und Käsebüffet etwas nachholen. Und das mittags und abends!!! Beim Frühstück steht dir nicht nur das Büffet zur Verfügung, du kannst auch darum bitten, dir frisch Eier braten zu lassen oder ein Bircher Müsli. Ganz ehrlich: nur auf die Schnittchen als Snacks könnte ich bequem verzichten. Da vermisse ich eine gewisse Hingabe bei der Kreation. (Allerdings ist die „Show“ der Leute, die extra ihren Wecker stellen um aufzustehen, um sich um ein Mitternachtssnack holen, unbezahlbar gut.) Auch wenn du einen sautierten Loup de Mer gefüllt mit einer Farce aus Neu-England-Hummer und St. Jacques angerichtet auf einer Calvados-Trüffeljus erwartest, bist du hier verkehrt. Der Hauptgang ist hier einen Tick besser als gut-bürgerlich aber eher Stadtniveau als Landgasthaus. Aber auch regional (z. B. Bigos im Hinblick auf Polen) wird hier etwas geboten. Ein Hauptgang ist vegetarisch. Allerdings die Vorspeisen und der Zwischengang sind eindeutig einer Stufe höher anzusiedeln. Pochierte Hechtklößchen kann man sicherlich nicht als gut-bürgerlich bezeichnen. Die sollte man keinesfalls verpassen! Ist sowieso mehr ein Amuse Geule. Convenience wird zwar auch eingesetzt, aber vieles ist doch direkt an Bord frisch zubereitet. Auf jeden Fall weitaus weniger, als ich es von manchen Restaurants auf dem Festland, die z. T. keine Köche mehr ausbilden dürfen, gewohnt bin. Der Chefkoch ist ein Badener und das merkt man auch an der Karte: z. B. Flädle-Suppe: Entweder sie haben eine tolle Maschine, die die Pfannkuchenstreifen perfekt unregelmäßig schneidet, so dass sie handgeschnitten wirken oder ein philippinischer Jungkoch schneidet sie per Hand tatsächlich sehr unregelmäßig. Die fertigen von Bürger sehen anders aus und schmecken künstlich aufgeblasen und aufgeschäumt. Das Non Plus Ultra wäre jetzt natürlich noch Bruchsaler oder Schwetzinger Spargel... (Mal gucken, ob das einer in der Zentrale liest und jetzt nach Helsinki etwas einfliegen lässt. Zutrauen würde ich es denen!).

Gegensätzlich ist auch die Atmosphäre beim Essen drinnen und draußen. Ich habe mir mal einen Picknick-Korb mit Kunststoffgeschirr gekauft, den ich noch nie benutzt habe. Seit dem ich einmal hier an Deck draußen gegessen habe, weiss ich was das für ein Gefühl ist, daraus zu essen – während drinnen auf ganz tollen Rosenthal-Platztellern mit Schiffsmotiven serviert wird, die man am liebsten klauen würde.

Nochmals zurück zum Service. Ich sitze an einem Tisch an dem ich einem Kellner und seinem Hilfskellner von der Nachbarstation beobachten kann: Michal und Gregorius. Es macht einfach Spaß den beiden bei der Arbeit zuzugucken. Die haben ihre Augen überall. Du könntest Wasser und Brot bekommen und ich stelle mir vor, so wie sie dich bedienen, wärst du schon zufrieden, weil du das Gefühl hättest in einem Restaurant mit drei Guide Michelin Sternen zu sein. Unsere Kellner sind sicherlich genauso nett und wir werden alle auch sehr gut bedient – aber bei den beiden ist es einfach die Nuance, die den Unterschied macht.

Und vor allem unsere Perle Maya – unsere Stewardess. Während wir abends essen, sorgt sie nochmals dafür, dass unsere Kabine im Rahmen ihrer Möglichkeiten top in Schuss ist und wir uns wohl fühlen. Es ist alles blitz blank sauber.

Vieles hängt auch von den anderen Passagieren ab. Es gab bislang nur eine, die auffällt und schon zwischen Warnemünde und Visby aussteigen wollte und daraus ein öffentliches griechisches Drama macht. Heute auf der Tour in Visby gab es auch ein paar „Doofe“, denen man es auch nicht Recht machen konnte. Es ist nun einmal 25°C – und da muss man Leuten auch eingestehen, dass sie sich eine Flasche Wasser kaufen wollen und dafür drei Minuten länger brauchen, weil im Supermarkt alle Wasser wollen. Selbst unser Reiseleiter hat sich ein Eis geholt. Aber solchen Leuten muss man eben sofort die Meinung sagen, dass das so nicht geht… es könnte ja sein, dass der Kaffee und Kuchen zwischenzeitlich alle ist… Sollen sie doch einen Kreislaufkollaps kriegen und zusammenbrechen. Ich kann es ja verstehen, wenn es kurz vor Abfahrt ist und die Lage ernst wird, aber 2 ½ Stunden davor???

Mit den Touren werden wir eben nicht mehr mitgehen, weil wir keine Lust mehr haben, ständig auf andere zu warten, um uns die Nörgeleien anzuhören. Aber das kann eben auch jeder selbst gestalten, da nicht mehr getendert wird und du einfach selbst den Landgang gestalten kannst. Auch denen, die nichts buchen, wird ein Stadtplan und Infos mitgegeben. Sie werden nicht diskriminiert, wenn sie keinen Umsatz machen. Das gilt hier an Bord aber auch für jedes Geschlecht, Religion oder ethnische Minderheit. Darauf legt man auch ÖFFENTLICH sehr großen Wert, dass niemand diskriminiert oder herabgesetzt wird.

Die meisten Passagiere sind wohl von der Musikrichtung her Freunde von MDR 1/WDR 4/HR 4/SWR 4. Wenn du MDR Sputnik, MDR Life, SWR 3-Fan bist, solltest du dir mit Hilfe eines MP 3-Players dein eigenes Bordprogramm mitbringen. Dementsprechend geht es auf den Ausflügen und in den Restaurants zu. Uns (38 und 40) hat man von der Reiseleitung gesagt: „Huch – Sie drücken ja den Altersdurchschnitt um 20 Jahre nach unten…“.

Auch ist es jetzt während der Fussball-WM sehr ärgerlich, dass sie ARD und ZDF ausgerechnet vom Hotbird statt Astra anzapfen und so das Programm nicht empfangbar ist. Aber sie improvisieren. Klingt zwar wie „Nix versteh’n in Athen“, aber sie zucken eben nicht einfach die Schultern und lassen nichts unversucht, um die Gäste glücklich zu machen.

Im Kino werden die Sachen gezeigt, die gerade in den DVD-Verkauf und auf Premiere Direkt kommen. Allerdings halt nur von Sony Pictures. D. h. wenn du ausgerechnet Brokeback Mountains an Bord sehen willst, hast du Pech gehabt. Und die Shows: nett – im Rahmen der technischen Möglichkeiten eines Kreuzfahrtschiffes und angepasst an das Publikum. Nun ist La Cage aux Folles ausgerechnet mein Lieblingsmusical, das ich 17 Mal im Theater des Westens in Berlin gesehen habe. Aber die Showbühne auf der Lili Marleen ist eben nicht das Theater des Westens mit der großen Showtreppe, Requisiten, Wechselbühne und den Lichteffekten! Und auch die Interpretation mag sicherlich sehr heterosexuell gestaltet worden sein, damit die alten Leute bei den Transvestiten nicht von den Sesseln kippen und wiederbelebt werden müssen. Sicherlich ist auch die Präsentation des Conferenciers eine sehr persönliche Geschmacksfrage, aber jeder einzelne Künstler, der sich diesem Publikum stellt, hat den höchsten Respekt für seine Leistung verdient. Und wenn der Conferencier nicht ständig erwähnen würde, dass eine Künstlerin aus Rumänien kommt und man würde die Augen schließen: Ich wüsste nicht, ob es die Mutter Judy Garland oder die Tochter Lisa Minelli doch war, die auf der Bühne stand und „Come and sing“ gesungen hatte. Auch sollte man angesichts der Deckenhöhe einfach nicht erwarten, dass im wahrsten Sinne des Wortes Riesenluftsprünge mit rekordverdächtigen Hebefiguren möglich sind. Wer die Celine Dion-Show wie in Las Vegas erwartet ist hier schlicht und einfach auf dem falschen Schiff. Nur der Unterhaltungswert ist genauso vorhanden!

Draußen werden alle Liegestühle abgewischt bevor sie aufgestellt werden. Deswegen bist du es selbst schuld, wenn du früh kommst, um dich über einen dreckigen Liegestuhl aufzuregen. Du kannst in die Pools und in die Sauna – es sind auch Leute tatsächlich drin.

Die Touren sind super organisiert – wenn entsprechend teuer. Wie auch die Dienstleistungen aus dem Wellness- und Beauty-Bereich, der Wäscherei oder Fotografie. Aber dafür sind die Getränke billiger als auf dem Land. Wo bekommst du noch in einem Restaurant noch 1 l Wasser für 2,50 EUR oder alkoholfreie Cocktails für 2,90 EUR? Nervig sind allerdings die Fotografen, zumal du für ein 13x18 Bild 4,90 EUR berappen sollst. Allerdings im Vergleich zu Elvis’ Graceland in Memphis war dieses noch „Schnäppchen“, wo man 25 USD von mir wollte. Und wenn man auf eigene Bilder mit Rettungsweste in einem Rettungsring gerahmt steht, dann ist man hier im richtigen Souvenirshop angekommen.

Was mich im Moment etwas stört: Ich dusche nicht gerne mit Seife sondern habe lieber einen Wandspender mit Duschgel. Aber deswegen mir den Urlaub vermiesen zu lassen? Auch würde ich vielleicht das nächste Mal zu IKEA vorher fahren und für 3,95 EUR einen persönlichen Duschvorhang kaufen, weil er mir besser gefällt und keine Gebrauchsspuren aufweist. Ein Duschvorhang sieht eben im Laufe der Zeit nicht mehr schön aus.

In Tallinn werden wir sicherlich Gelegenheit haben, eine Flasche Duschgel zu kaufen… und schon ist die Sache wieder in meinen Augen wieder in Ordnung.

Ich will jetzt nicht alles schön reden – aber im Moment spielt das Wetter mit, damit wir uns eben nicht so in der Kabine hocken und uns angucken, was nicht schön aussieht.

Auch würde ich mich das nächste auf meine „erste“ Kreuzfahrt mit diesem Schiff wie folgt vorbereiten: ich würde mir in einem berühmt-berüchtigten Flensburger Versandhaus einige Vibratoren bestellen, die ich mir auf meinem Rücken schnalle, um mich an das Gefühl zu gewöhnen, das du immer haben wirst, solange der Schiffsmotor in einem Hafen nicht abgestellt wurde. Und ich würde jetzt die Chance nutzen, in meiner Apotheke mehrere Sorten Ohrstöpseln zu bestellen, um allen durchzutesten, mit welchen man am besten schläft. Sicherheitshalber bringe noch einen Gummihammer mit, um dich ggfls. bei deinen Kabinennachbarn schmerzfrei auf dich aufmerksam zu machen. Unsere stellen wohl, sobald sie im Zimmer sind, ihre Hörgeräte ab, und dann kommen wir uns so vor wie im Komödiantenstadl. Wenn ich es vorher gewusst hätte, hätte ich noch ein paar Mini-Batterien mit, um sie zu bitten, ihre Geräte 24 Stunden am Tag auf Betrieb zu schalten. Aber von der anderen Seite bekommen wir beispielsweise gar nichts mit. Und da ich früher in einem Versandhandel gearbeitet habe und weiss, wie es dort zugeht, würde ich mir ein paar Matratzen zum Pier in Warnemünde bestellen, um die alle mit an Bord zu nehmen, weil ich dann vielleicht auf meiner mir angenehmen Matratze schlafen könnte, um sie nach der Kreuzfahrt wieder zurückzuschicken. Aber letztendlich ist es wie in jedem Hotel: Es schläft sich eben niemals so gut, wie auf der gewohnten zu Hause! Und wenn du es total dunkel magst, dann würde ich mir auf jeden Fall einen Innenkabine bestellen und gucken, dass du vom letzten Winter die „Schlange“, mit denen man Türen gegen Zugluft (oder Schiffsluft in diesem Fall) provisorisch abdichtet, mitnehmen solltest, um sie vor die Kabinentür abzulegen. Oder versuche einfach mit ein wenig Licht einzuschlafen. Etwas ist allerdings von der alten Eignerin CUNARD abgeguckt: Die amerikanischen Sandwich-Decken, d. h. Wolldecken, die nur auf der Unterseite mit einem Laken getrennt werden. Ich habe persönlich einen sehr unruhigen Schlaf und hasse die Dinger. Vielleicht würde ich mir das nächste Mal meinen persönlichen Schlafsack mitbringen. Auch würde ich probehalber die Betten zu Hause gegen die Wandstellen und Einzelbetten daraus machen – So kannst du dich schon mal an das Gefühl gewöhnen, dich im Schlaf umzudrehen und entweder aus dem Bett zu fallen oder eben die Wand zu küssen. Deswegen darf man hier auch nicht ein fahrendes Sanatorium erwarten, wo du mit einer Friedhofsruhe schlafen kannst. Vielleicht gibt es ja andere Schiffe, auf denen dich dein persönliches Matratzen- und Ohrstöpselmenü im Zimmer erwartet – aber ich denke, dass du auch bestimmt einen anderen Preis zahlst als hier.

Dafür hast du eben den Vorteil gegenüber einer Busrundreise: Du musst nicht jeden Tag deinen Koffer neu ein- und wieder auspacken und bist jeden Abend in einem anderen Hotel, in dem du dich neu zurecht finden muss. Das ging mir irgendwann auch auf die Nerven.

Du siehst: ich denke, dass auch die Intensität und die Art der vielen geschilderten Probleme, von jedem anders wahrgenommen wird. Mit Sicherheit wirst du noch Sachen entdecken, die ich gar nicht für mich als Problem wahrgenommen habe. Aber auch deine Tipps in fünf Wochen werden wiederum anderen helfen, sich besser auf die Reise vorzubereiten und einzustellen. Und das macht es für die anderen dann noch perfekter. Es hängt einfach von dir selbst ab, ob du dich anstecken lässt oder ob du nicht sagst: die Kleiderbügel im Kleiderschrank sind eigentlich nur Mittel zum Zweck und was soll es, wie es aussieht, Hauptsache dein Jacket hängt und du hast genug Platz für zwei Koffer!!!

Persönlicher Tipp noch: Fön und Dreifachsteckdose nicht vergessen!!!

Und ich wünsche dir das Wetter, das wir im Moment haben: 24°C bis Samstag in Danzig 19°C ohne Regen hoffentlich und glaube mir: Es wird traumhaft schön, wenn die restlichen sechs Tage so werden, wie die ersten 24 Stunden. Und spätestens dann, wenn dich Landratte die Seeluft, die Landausflüge und die Bordaktivitäten sowieso kaputtgemacht gemacht haben und das Kabinenlicht ausgeschaltet hast, dann siehst du gar nichts mehr und merkst nichts mehr von den Problemen, die über die Jungfernfahrt beschrieben wurden.

Zumindest geht es mir im Moment so!

Grüße aus Visby.
Bis dann in Tallinn
HeinBloed


15.06.2006:

Godmorgen till Göteborg!!!

Herzliche Grüße von der Lili Marleen zwischen St. Petersburg und Helsinki.

Vielen Dank zunächst für die Kommentare. Wir genießen in der Tat unsere Reise.

Die Halbzeit liegt ja schon hinter uns und wir sind ja wieder zurück gen Westen. Im Moment gibt es leider immer noch nichts Beklagenswertes – oder zumindest hätten wir große Schwierigkeiten damit vor einem ordentlichen deutschen Gericht durchzukommen. Nun bin ich enttäuscht. Wozu zahle ich all die Jahre für eine Rechtsschutzversicherung, die ich jetzt schon wieder nicht in Anspruch nehmen kann? Dieses verdammte Personal an Bord – warum muss es so verdammt gut sein?

Gut gehen wir im Gedanken zunächst zurück nach Visby auf Gotland.

Jeder, der die Absicht hat, sich umzubringen ist hier bestens auf der Tour durch Visby aufgehoben. Nur mit der Tour kommt man nämlich zum Galgenberg, der einen schönen Ausblick auf die Gegend bietet. Allerdings nur für Männer, wie wir gelernt haben. Frauen hatten wohl im Mittelalter nicht so schöne Ausblicke auf die Landschaft. Die Touren sind sehr professionell gestaltet. Jeder der gotländischen Tourguides schleppt einen Mini-Lautsprecher mit, damit die besser verstanden werden. Unverständlich wie bereits beschrieben: manche Reaktionen innerhalb der Gruppe, wenn eben bei 25°C jemand schnell eine Flasche Wasser holen möchte. Aber verständlich bei deutschen Vollpensions-Pauschalreisenden: Kaffee und Kuchen gibt es eben nur bis zu einer bestimmten Zeit und wenn man jetzt drei Minuten später kommt, dann sind eben schon ein paar Schnittchen weniger da, über die man sich stürzen kann.

Da nur ein Ausflug angeboten wird: der Galgenberg liegt etwas außerhalb – ansonsten wäre alles fußläufig erreichbar. Entgegen des Programms: getendert wurde nicht und in 10 Minuten war man in der Stadt. Lohnt sich auf jeden Fall – egal ob geführt oder selbst entdeckt.

Der nächste Tag führte uns (persönlich) zum ersten Mal ins Baltikum – nach Tallinn. Hier hatten wir uns nicht einer Gruppe angeschlossen, sondern eine persönliche Fremdenführerin gebucht. Es war sehr angenehm zwischendurch Kaffee zu trinken und keine Rücksicht auf die anderen nehmen zu müssen. Interessant war die Stimmung an diesem Tag in der Stadt: Es fand das einzige nordeuropäische METALLICA-Konzert statt, deswegen war die Stadt entsprechend „schwarz“. Überall nur junge Menschen, die aber auch ihrem Kulturtrieb nachgingen, bevor das Konzert losging. Die Altstadt ist wirklich sehenswert. Vor allem der Umgang mit einander. Wenn man vor das Parlamentsgebäude in Washington DC geht, um von der gegenüberliegenden russisch-orthodoxen Kathedrale ein Bild zu machen, wäre man als potentieller Terrorist verhaftet worden. Hier sitzt ein gelangweilter Polizist im Streifenwagen und liest weiter die Zeitung. Auch alle Botschaften in wunderschönen Hanse- oder Gildenhäuser waren ziemlich unbewacht. Wenn man auf schönes Handwerk steht, z. B. Norwegerpullis usw. ist man hier ziemlich richtig in dieser Stadt. Allerdings sollte man sich auf jeden Fall vielleicht mit dem Schuhwerk aufpassen, da alles eben historisch wirkt, inkl. Kopfsteinpflaster, allerdings nicht unbedingt DIN-genormt!!! Ein Tipp für die älteren und leidenden von uns: Ein Paradies für alle Medikamentenfans. Abgesehen von der ältesten Apotheke in Europa – ein Preisparadies für Selbstmedikation: z. B. Ibuprofen 400 10 Stück für weniger als 1,50 EUR aus russischer Produktion. Der Giraffe aus dem Film „Madagaskar“ kann ich nur empfehlen nach Estland statt nach Kanada auszuwandern: Das hier ist das Paradies für Hipochondras (?) und solche, die es preisgünstig werden wollen. Wer auf KIK oder ähnliche Läden steht, sollte auf jeden mit leeren Koffern anreisen. Bereits innerhalb der ersten 20 m nach Ankunft am Terminal kann man gegenüber am Fährterminal sich für die nächsten Wochen spottgünstig eindecken. Auch für Tallinn gilt: selbst oder geführt – auf jeden Fall nicht an Bord bleiben.

Am Abend gab es dann die Musical-Show. Man merkt auf jeden Fall die tollen Bemühungen der Künstler ein deutschsprachiges Programm zu gestalten und es sind absolute Akustikkünstler: Beispiel: die deutschsprachige Fassung von „Das Phantom der Oper“ wird von der Deutsch-Kanadierin Anne-Katrin (???) Kauffmann gesungen und dementsprechend singt die Sängerin an Bord es akzentfrei nach. Nun wird aber die deutschsprachige Fassung von „Les Miserables“ von einer Engländerin gesungen, wenn ich es richtig in Erinnerung hat – und daher wird das Stück in Deutsch mit englischem Akzent gesungen. Ich habe innerlich darüber schmunzeln müssen. Eben nicht Broadway, Westend oder Neue Flora – aber auf jeden Fall Wert sich die Zeit zu nehmen und zuzuhören. Falls jemand von Euch „Ödipussi“ zu Hause auf DVD hat: Bringt sie mit auf die Reise und übergebt sie Andrej, dem Kreuzfahrtdirektor: Er sucht deutschsprachige Texte und Auftritte zu englischsprachigen Liedern. „Le Jazz hot“ aus Victor/Victoria von Julie Andrews wird ja im Film „Ödipussi“ in Deutsch von Evelyn Hamann gesungen.

Gestern St. Petersburg: Wegen Visabestimmungen blieb uns ja nur die organisierten Touren. Aufgrund eines Missverständnisses mussten wir ein einem Platz warten. Während andere Tourmitglieder wieder dabei waren, mit ihren Rechtsanwälten zu kommunizieren, wieso jetzt die Peter und Paul Festung nicht mit einer gewissen Intensität besichtigt wurde, erfreuten wir uns an der Disziplin der koreanischen Reisegruppen auf dem Platz. Wir kamen uns vor, wie im Glacier-Express, wenn die Lok aus dem Kehrtunnel bereits rausguckt und während der letzte Waggon noch draußen vor dem Tunnel fährt. In die Peter und Paul Kathedrale lief das der Anfang der fahnengeführten koreanischen Tourgruppe raus, während das Ende noch reinlief. Unglaublich! Und alle schauten strahlend und glücklich raus, dass sie es sehen durften. Nur unsere mussten wie üblich meckern. Oder die Amerikaner, die sich weigerten aus dem Bus auszusteigen, weil der Kleinbus nicht durch den Eingang der Kathedrale passt. Der Motor lief, damit die Klimaanlage weiterläuft. Und unsere Gruppe? Nur weil wir im Zeitplan aufgrund der chaotischen Verkehrsverhältnisse, für die ja nun die Reiseleitung auch nichts kann, hinterherhinkten, uns dann noch durch die Kathedrale zu führen statt die Festung – man kann St. Petersburg mit seinen tausenden von Kulturschätzen nicht in 3 Stunden auf einer Halbtagestour für 59 EUR inkl. Visum besichtigen! Unser St. Petersburg-Führer hat über 100 Seiten und die Stadt ist eben nicht Tallinn! St. Petersburg hakt man nicht an einem Tag ab, sondern man muss hier schon mehrere Tage bleiben. Wir werden die Chance nutzen, vielleicht doch mal eine Flusskreuzfahrt von Moskau nach St. Petersburg zu machen (umgekehrt wäre es ein Kulturschock!!!).

Man muss auch noch zwei Sachen der Reiseleitung positiv zu Gute halten:

1. Putin ist in der Stadt und dementsprechend ist es chaotisch hier! Nun musste deswegen der Tourplan geändert werden, weil das Bernsteinzimmer durch Putin und seinen Empfang blockiert war. Sie haben mit Improvisationsgeschick, Flexibilität und Professionalität auf solche Ereignisse reagiert. Schon in Warnemünde wurden wir darüber informiert. Und auch jedem, der sich den Zettel bei der Einschiffung nicht durchgelesen hat oder beim Vorgänger in der Schlange nicht zugehört hat, wurden nicht Gingko-Tabletten in die Hand gedrückt, sondern man hat alles nochmals freundlich und sachlich erklärt.

2. Die Touren sind für meinen Geschmack teurer. Aber es ist so wie mit ARD und ZDF: Man zahlt Rundfunkgebühren, damit man im Film keine Werbeunterbrechung hat. D. h. keine Besuche von westlichen Toiletten in einer Matrjoschka-, Pelzmützen-, Bernstein-, Kaviar- oder Wodkafabrik, um eine Cross-Selling-Veranstaltung daraus zu machen, die von solchen Firmen gesponsort werden. In St. Petersburg muss man allerdings von den Touren immer MINDESTENS 40 EUR für ein Einzelvisum abziehen, die sonst auf einen als Kosten für die Beschaffung zugekommen wären.

Der Abend war dann sehr russisch geprägt: das russische Menü – die russischen Lieder (nichts für Selbstmordgefährdete) und der russische Mitternachtssnack. Und bevor überhaupt der erste Bissen gegessen wurde, kamen schon die ersten Kommentare der Schlafwandler: „Warum müssen da so viele Kartoffeln darin sein – die haben doch gar nichts darin verloren!“ Egal ob da nun viele oder wenig Kartoffeln darin waren: Trotzdem essen: ist echt lecker!!! Was ich allerdings witzig finde: Trotz der Zeitumstellung zwischen MESZ, OESZ und Moskauer Sommerzeit: Die Schlafwandler kommen immer pünktlich zum Mitternachtssnack – egal in welcher Zeitzone. Das scheint wohl genetisch zu sein… Vor allem was sehr schön war, weil wir ein Traumwetter gestern hatten (heute meldet mir eine Freundin aus St. Petersburg: strömender Regen!): ein wunderschöner Sonnenuntergang.

Wir hatten gestern Gelegenheit noch mit Andrej ein paar Worte zu wechseln. Er bot uns an, dass wir uns evtl. zwei andere verfügbare Kabinen ansehen, um umzuziehen, falls es uns zu unruhig sei. Angesehen haben wir sie uns und sind zur folgenden Erkenntnis gekommen: Preis ist kein Kriterium für eine ruhige Kabine. Wir hätten also für 100 EUR pro Person einen Deck höher buchen können, aber sie wäre unruhiger gewesen. Dafür hätten wir auch eine Innenkabine haben können, die fast eine Friedhofsstille geboten hätte. Wir haben aber die Chance genutzt uns näher die Badezimmer anzusehen. Es gibt also auch schon GROHE-Massageduschköpfe an Bord. Wir verzichten auf den Umzug, weil wir uns daran gewöhnt haben. Im Gegenteil: wir haben in Flensburg uns die Vibratoren schon bestellt, damit wir zu Hause wieder „gewohnt“ schlafen können… Und für alle nachfolgenden Reisenden: Wenn ein GROHE-massageduschkopf in der Kabine des Venus-Deck fehlen sollte: Das waren wir!!! Und ansonsten: man kann Glück und man kann Pech mit den Kabinen haben – egal wie viel man zahlt oder wie früh man bucht.

Fazit: Meckert bitte, wenn es sein muss, am Anfang. Sie tun wirklich ALLES, was irgendwie möglich ist. Auch die Show der Umzügler ist fantastisch und unbezahlbar. Man braucht sich nur im Gang hinzustellen. Ist ja auch interessant zu sehen, welchen Hausrat andere für eine Kreuzfahrt mitschleppen… Und wenn man denen die Hilfe beim Umzug mit anbietet, kann ich gar nicht verstehen, warum die so böse reagieren…

„Enttäuscht“ bin ich zwischenzeitlich von Michal und Gregorius – eigentlich meinem Lieblingskellnerteam… Stellt euch vor: die Frühstücksgäste müssen noch ihre eigenen Tüten aus den Kabinen mitbringen, um die Sachen vom Büffet zum Zimmer mitzunehmen… Ich habe Michal heute morgen gesagt, dass er doch bitte den Leuten künftig Tupperdosen vorbereiten soll – das hätte mehr Stil als die selbst-mitgebrachten Lidl-Tüten. Dieser Anblick ist für uns anderen eine Zumutung. Übrigens: auf Wunsch werden in der Tat Lunchpakete hergerichtet, ohne dass man sich heimlich mit einem Beutel davonschleichen muss…

In diesem Sinne: Wir kommen langsam in Helsinki an. Bis demnächst mal wieder!!!

Schöne Grüße
Hein Bloed

N. B. Hier kann man sich ¾ volle Gläser leisten… Ist ja ziemlich billig! Allerdings bei Suppen sieht es anders aus: Bring einen Messbecher mit, dann kannst du nachmessen, ob du auch immer ½ volle Suppentassen bekommst. Aber für den Geschmack reicht es. Sie machen das bewusst, damit auf jeden Fall um Mitternacht kommst, um die Show der Schlafwandler nicht zu verpassen!!! Du würdest ja sonst durchschlafen, falls du vollkommen satt wärst…


Hallo zusammen aus Helsinki,

freut mich, wenn ihr darüber schmunzeln könnt.

Eines ist noch wichtig. Der Unterschied zwischen dem Kreuzfahrtschiff und dem Hotel besteht darin, dass ich im Extremfall aus dem Hotel ausziehen kann und mir ein anderes Etablissement zu suchen.

Deswegen habe ich am Anfang meine Wünsche geäußert, um hier glücklich zu werden.

Bei einer Nacht in einem Hotel ist es mir egal und komme das nächste Mal nicht wieder. Bei mehr als drei Nächten sage ich es bereits, weil ich mich spätestens in der 2. Nacht nicht mehr über etwas ärgern will. Hier auf dem Schiff gibt es keine Alternativen. Deswegen: Einen Tipp nochmals nicht ärgern - sondern sagen und das möglichst schnell und an den richtigen Mann/Frau! Sonst können sie es nicht so machen, wie du es selbst willst.

Meine einzigen zwei Chancen wären auszusteigen und zurückzufliegen oder mit der SAGA ROSE weiter, die hier nebenan liegt.

Aber ganz ehrlich:

Gestern Nacht hatten wir einen wunderschönen Sonnenuntergang genossen... ein Bild, dass sich in mir eingeprägt hat. - Wenn dann noch Zeit hätte um mich über den Weißrost der Kleiderbügel aufzuregen, kann ich direkt das Geld für die Reise verbrennen und mir wünschen, dass ich zu Hause geblieben wäre.

Nun muss ich mich erst etwas von Helsiki erholen...

In diesem Sinne:

Bis demnächst in diesem Theater!

HeinBloed


16.06.2006:

Der Tag der Gegensätze…

Ich melde mich zwischen Helsinki und Saaremaa…

Der Tag hat toll angefangen. Strahlender Sonnenschein und ein frühzeitiges Anlaufen ermöglichten uns Individuallandgänger ein frühes Verlassen des Schiffes. Endlich konnten wir zunächst unsere Stadtrundfahrt auf dem Wasser fortsetzen, bei der wir vor fünf Jahren nicht alles mitbekommen haben, weil auf einmal von jetzt auf gleich die gesamte Route im Nebel war. Wir haben es endlich geschafft schön frisch ausgebackene Meeresfrüchte auf dem Marktplatz zu essen und shoppen zu gehen, da ja St. Petersburg ohne Visum keine Zeit und keine Freiheit für so etwas war.

Der Tag hätte so schön weitergehen können, wie er angefangen hat… wenn nicht der Piratenabend und die Mannschaftsshow gewesen wären. Nun ich bin im Rheinland groß geworden und eigentlich lernt man dort pünktlich am 11.11. jeweils um 11.11 Uhr auf Kommando fröhlich zu sein. Meine karnevalslose Berliner Zeit hat wohl meine gute rheinische Vorbildung versaut. Sollte meine Grundschullehrerin aus Mönchengladbach das lesen – Sie möge mir das bitte verzeihen. Gut – die Späßchen sind ganz nett und wer es mag, hatte sicherlich viel Freude daran, wenn er bei den Nachbartischen sieht, dass statt einer Schweinehaxe einen abgenagten Knochen oder eine Gurke in Form des Bundesstaates „Florida“ (der einem bestimmten Körperteil sehr ähnlich sieht… Zeit im Speicher die alten Biologie-Bücher zu suchen oder sich eine USA-Karte genauer anzusehen und seine Phantasie walten lassen…) serviert wird. Aber gut - so lange die Mehrheit im Saal Spaß daran hat, ist es in Ordnung – auch mir darf mal etwas nicht gefallen. Sollte ich es nächste Jahr schaffen auf die Nordland-Fahrt zu gehen, dann wird das sicherlich mein Fastentag! Wobei - es gab ja auch witzige Sachen: Georgius aus Rumänien versucht Deutsch zu lernen. Im Hintergrund läuft in einer extremen Lautstärke Shantie-Musik und sonstiges deutsches Liedgut. Dagegen empfinde ich den Musikantenstadl als reinste Erholung für meine Gehörgänge. Aber warum muss Georgius ausgerechnet sein Deutsch aufgrund der Shantie-Lieder lernen??? „Wir lagen vor Madagaskar und hatten die Pest an Bord!“ - Also alle Nachkommenden: Wenn solche Sprüche von Euren Kellnern kommen, dann wisst Ihr woher sie sie haben. Ich habe noch mein Bestes gegeben und Gregorius erklärt, dass das nicht unbedingt alltagstauglich sei… Nun muss ich doch mal Kritik an der Restaurantleitung üben: Wenn Sie wollen, dass Ihre Kellner besser Deutsch beherrschen: spielen Sie denen Heinrich Heines Lied der Loreley vor! Jeder japanische Tourist auf einem KD-Ausflugsdampfer singt das Stück besser und lernt auf diese Weise Deutsch ohne das die teuren Kurse der Goethe-Institute besucht werden. Vor allem: Mit den Shanties lernen sie ja nur die norddeutsche Aussprache. Kein Wunder, dass sie Schwierigkeiten haben, die Wünsche der Schwaben, Barzis und Oschis zu erfüllen… und kein Wunder, dass Deutschland bei der PISA-Studie so schlecht abschneidet, wenn Ihr Euren Kellnern mit solchen Liedern versucht Deutsch beizubringen. Das auf einem Schiff, das für den Veranstalter fährt aus dem Land der Dichter und Denker!!! Und wenn dann später noch „Auf der Reeperbahn nachts um halb eins“ gespielt wird, haben die überhaupt keine Chancen mehr die guten deutschen Tugenden zu übernehmen… Die Fotografen sind deswegen schon ein hoffnungslos verlorener Fall: „Kleine – sei die meine – SAG NICHT NEIN!“. Die verstehen das NEIN schon nicht mehr…

Und wenn ihr nicht auf Kommando lachen könnt und im Tagesprogramm „Piratenabend“ lest: Den Landausflug für die persönliche Proviantbeschaffung nutzen oder fasten oder Ohrstöpsel mitnehmen. Trotz der Atmosphäre: selten so gut gegessen, wie heute Abend. Man sollte es schon selbst gesehen haben. Vielleicht liegt es euch mehr als mir!

Am späteren Abend begann dann die Mannschaftsshow.

Auch hier ein persönlicher Tipp: wenn man schon das Piratenessen nicht mitmachen mochte und sich selbst versorgt, dann sollte man seine Chance nutzen, um die Leute von der 1. Tischzeit zu ärgern und im Musiksalon ein Picknick zu veranstalten, um sich die besten Plätze vor der Bühne zu sichern. Das ist eine gute Maßnahme, um zu lernen, dass man nicht immer von allen geliebt werden muss und zu seinem Handeln stehen sollte. Für solche Kurse zahlt ihr sonst bei professionellen Trainern mehrere Tausend Euros!!!

Und an dieser Stelle möchte ich versuchen das Problem sachlich zu beschreiben.

Der Mannschaftsabend findet statt, damit Geld in den Crewfond gespült wird. Das ist sehr ehrenhaft und lobenswert und angesichts der tollen Leistung möchte man das auch sehr gerne unterstützen. Deswegen gibt es eine Tombola, bei der wir fünf Lose haben, aber bislang noch gar nicht wissen, was es überhaupt zu gewinnen gibt… Da sieht man: die sind so gut, dass man sogar die „Katze im Sack“ für 12 EUR kauft…

Als Quasi-Gegenleistung und Dank wird eine Show mit einigen Mannschaftsmitgliedern geboten, die normalerweise nicht im Publikumsbereich arbeiten und künstlerisch aber durchaus mit den „Profis“ aufnehmen können.

Das Problem ist eher technisch – organisatorisch und das möchte ich ausnahmsweise mal doch versuchen konstruktiv auseinander nehmen.

Es ist die einzige Veranstaltung, die nur in einer Sitzung durchgeführt wird. Hintergrund: jeder Darsteller muss ja zunächst mit seiner „normalen“ Arbeit fertig werden, bevor er/sie auftreten kann.

Und daher kann man den Ablauf eigentlich nicht genau planen, was die Sache sehr schwierig macht.

An diesem Abend ist eben der Saal voller als normal. Das führt zunächst dazu, dass zwischen den Polstersesseln auch Gartenstühle aufgestellt werden. Die Meckerei geht dann los, weil diejenigen, die sich und anderen frühzeitig Plätze sichern, nicht damit einverstanden sind, wenn andere, die ja viel später kommen, sich auf einem Gartenstuhl vor sie setzen. Und die sind ja extra früh gekommen, um sich und ihren Freunden die besten Plätze zu sichern. So schließt sich der Kreis.

Weil ein Teil der Tisch zu Gunsten der Gartenstühle entfernt wurde, meckern natürlich alle ohne Tisch, weil sie wiederum keinen Platz für die Getränke und es dann auch keine kostenlose Chips gibt.

Da aber mehr Menschen als sonst sich im Saal aufhalten, wird darum gebeten, dass nicht geraucht wird. Als Nichtraucher kommt es mir entgegen, aber es gab dann wieder ein Raunen der Raucher.

Gleichzeitig wird die Akustik beeinflusst, d. h. hinten hört man alles zu leise und vorne zu laut. Daher wäre eigentlich eine Einteilung mit und ohne Hörgerät besser als Raucher und Nichtraucher.

Für diejenigen, die hinten sitzen, wird das ganze ein Hörspiel, da man die Ereignisse auf der Bühne nicht sehen kann.

D. h. jetzt kommt das Dilemma – wenn ich als Veranstalter eigentlich will, dass das Publikum im Saal gehalten wird, müssen zunächst alle akustisch animierende Stücke nach vorne gepackt werden, um die Stimmung auch ohne Bild, was vorne passiert, bis zur letzten Reihe anzuheizen - während die optischen und leisen Stücke nach hinten müssten. Dann sind die älteren in den hinteren Reihen sowieso schon eingeschlafen! Und mit einem „Time to say Good Bye“ ganz laut kann man sie wieder wecken und an den Spendenboxen am Ausgang vorbeiführen.

Nur das klappt ja leider nicht, weil ja die Soll-Reihenfolge des Ablaufes durch die Ist-Reihenfolge der Beendigung der regulären Arbeit bestimmt wird. Ich bin jetzt nach vielen anderen, die hinten saßen und nichts gesehen und gehört haben, vorzeitig gegangen, weil ich jetzt ein wenig die Nase voll hatte, ständig zwischendurch aufspringen zu müssen, um, bei der niedrigen Deckenhöhe, diejenigen überspringen zu müssen, die aufgesprungen sind, weil die wiederum nichts sehen konnten. Ich kann ja auch die verstehen, dass die für ihre Spende auch etwas sehen und hören möchten. Bloß ich auch!!! Sollte der Reeder je die Absicht haben, umzubauen: Holt euch die Architekten der Arena auf Schalke…

In der Haut von Andrej möchte ich nicht stecken, weil das Ziel ja sehr ehrenhaft ist – aber der Weg dorthin sehr holprig – vielleicht sollte man es neu konzipieren, damit alle mehr davon haben und auch mehr geben. Aber er ist ein Vollprofi und merkt, wenn die Stimmung zu kippen droht. Eigentlich wollte er sich zurückhalten und die Moderation anderen überlassen. Aber er hatte es wohl gemerkt, dass jetzt nur noch eine Offensive nach vorne hilft, um den Abend noch zu retten. Wir werden, auch ohne dass wir das Ende der Show mitbekommen haben, etwas in die gemeinsame Kasse tun – aber nicht mehr heute Abend, sondern morgen.

Fazit für mich: neben Dreifachsteckdose und Fön – Fußbänkchen, um besser die Show zu sehen und Mikrowelle oder Campingkocher für das Aufwärmen des Eigenproviantes am Piratenabend mitbringen und kurz vor der Kreuzfahrt einen Theaterbesuch machen. Dort gibt es diese Hörhilfen, die man sich ausleihen kann und heute Abend sicherlich nützlich gewesen wären. Es lohnt sich auf jeden Fall, die philippinischen Beiträge (soweit wir sie heute Abend noch gehört haben), reinzuhören. Da kann man getrost die Augen verschließen oder nichts sehen – schon alleine die Gesangsvorträge waren ein Genuss. Die optischen Beiträge, die man verpasst hat, kennt man sowieso von jeder Hochzeitsfeier (z. B. „Die Glocken von Rom“ – „Ich trage Sachen von Otto!“).

Und wenn man solche Shows nicht mag: es gibt immer noch fantastische Alternativen wie Kino, Bibliothek, Fußball und natürlich meine unbezahlbare Show der Schlafwandler auf dem Weg zum Mitternachtssnack… Deswegen ein bisschen Ruhe tut gut, da es morgen bereits um 08.15 Uhr von Bord auf Saaremaa geht. D. h. 06.00 Uhr aufstehen und 07.00 Uhr frühstücken. Jetzt wo wir wieder auf dem Weg zurück sind, sollten wir uns wohl langsam wieder an die Aufstehzeiten zu Hause gewöhnen… Die kümmern sich wirklich um alles – sogar darum, dass wir wieder pünktlich nächste Woche im Büro erscheinen…

In diesem Sinne:

Ahoi aus Saaremaa!!!

Schrecklich - bisher konnten wir NOCH nicht schlafen, weil wir westwärts fuhren und abends die Sonne so lange bei uns in der Kabine stand... und jetzt können wir nicht MEHR schlafen, weil wir jetzt ostwärts fahren und morgens schon so früh die Sonne bei uns drin steht... Zum ersten Mal verstehe sogar ich, warum es Fans von Innenkabinen gibt, die das alles gar nicht mitbekommen...

Herzliche Grüße
HeinBloed


Kleiner Denkfehler um 05.35 Uhr OESZ (04.35 Uhr MESZ)...

Natürlich umgekehrt. Wir sind zuerst Richtung Osten gefahren und jetzt Richtung Westen...

Bloss ich merke gerade, dass mein Handy und der Estnische Mobilfunkanbieter sich sehr gut verstehen und immer die Zeit abgleichen. Weil aber wohl der Estnische Mobilfunkanbieter nicht zwischen OEZ und OESZ unterscheidet - sondern das Signal als OEZ und MZ sendet und mein Handy im Moment MZ mit Moskauer Sommerzeit programmiert ist, stellt er sich wieder automatisch zwischen falsch um. Und deswegen bin ich ein Stunde zu früh wach... Klingt plausibel - oder??? In der frühen Stunde zwischen Ost und West zu unterscheiden, fiel mir wohl schwer...

Man bin ich gut - es gibt schon Mitarbeiter von mir, die sind daran gestorben, weil denen keine Ausrede mehr eingefallen ist...


Bekommt einer von euch Estnisches Fernsehen???

Wir sind gerade Saaremaa – und gleich kommt der estnische Präsident, um die Pier einzuweihen, an der wir liegen.

Falls jemand zufällig estnisches Fernsehen bekommt: kann es bitte jemand aufnehmen?

Herzliche Grüße aus Saaremaa!

Bis später – Ich muss jetzt gucken gehen!!!
Ach ist das alles aufregend…

HeinBloed



Lili Marleen im Fernsehen am 16.06.2006:
----------------------------------------


Hallo aus Saarema, Estland.

Weil wir heute das erste Kreuzfahrtschiff waren, dass am neuen Pier in Saarema angekommen sind, wurden wir vom estnischen Präsidenten besucht.

Falls einer von Ihnen zufällig über Astra ETV empfängt und zwischen 17.00 Uhr und 17.45 Uhr (deutscher Zeit = 18.00 - 18.45 Uhr in Estland) die laufenden Sendungen aufzeichnen kann, wäre ich Ihnen dankbar.

Wir haben ETV zu Hause nur sind wir leider selbst an Bord. Estnisch ist eine Sprache, die Finnisch und Ungarisch ähnelt. Wenn Sie also gar nichts verstehen, dann haben Sie vermutlich den richtigen Kanal erwischt.

Falls Sie über eine Anzeige verfügen, was gerade läuft: So heißen die Sendungen:

15:00
Meie salajane elu, 78
15:45
Jalgpalli MM: Argentina - Serbia ja Montenegro
17:58
Keno Loto
17:59
Õhtune kava
18:00
Aktuaalne kaamera
18:15
Vana aja asjad
18:30
Aktuaalne kaamera (vene keeles)

Es wäre schon möglich, dass ich durchs Bild laufe.

Danke, falls es möglich ist.

Gruß aus dem sonnigen Estland.

Ich melde mich später, da wir etwa 45 Minuten zu spät sind...

Bis dann!

HeinBloed


17.06.2006:

Alle Highlights kompakt als Wiedergutmachung für den Tag davor… und die Wunderheilung...


Guten Morgen irgendwo zwischen Saaremaa und Gdingen!

Um auf die letzte Frage einzugehen, die ich noch auf Saaremaa lesen konnte:

Ich kommuniziere mit meinem Notebook und einem UMTS-fähigen Mobilitelefon.

Besonders gut ist die Qualität in Helsinki und Tallinn, da dort im Hafenbecken UMTS in einer sehr guten Qualität verfügbar ist. In vielen Ländern ist ja der Küstenfunk für Kleinboote abgeschafft bzw. in den Osteuropa gar nicht angeschafft worden, so dass in Küstennähe etwas weiter gefasst werden muss und daher in GPRS Qualität verfügbar ist. Das Forum hat zum Glück wenig Spielereien, so dass der Zugang recht gut verläuft…

Und diese Mobiltelefone haben eben ihre Tücken, weswegen die Nacht zuvor bei mir nur sehr wenige Stunden dauerte:

Insgesamt haben wir in unserer Kabine vier intelligente Mobiltelefone mit – zwei privat und zwei, damit uns unsere Firmen ggfls. erreichen können. Damit Ihr auch zu eurem Schlaf kommt, will ich den Sachverhalt auch mal schildern, damit ihr ggfls. nicht unnötig geweckt werdet:

An meinem Mobiltelefon kann man die Zeitzone ändern und den Status Sommerzeit/Winterzeit ändern.

D. h. folgendes war quasi einprogrammiert:

Warnemünde UTC +1 / Sommerzeit = UTC +2 = MESZ
Helsinki UTC +2 / Sommerzeit = UTC +3 = OESZ
St. Petersburg UTC +3 / Sommerzeit = UTC +4 = MSZ

In St. Petersburg haben wir also das Mobiltelefon auf Moskauer Sommerzeit umgestellt. Dann ging es nach Helsinki weiter und so wurden die Mobiltelefone wieder auf OESZ umgestellt. In der Nacht von Helsinki auf Saaremaa wurden ja die Wecker der Mobiltelefone verwendet, weil wir am nächsten Morgen ja um 06.00 Uhr morgens aufstehen mussten.
Zwischen Finnland und Estland ist die Versorgung sehr gut, da ja die Finnen das estnische Mobilfunknetz beherrschen und dementsprechend herrscht hier eine fast lückenlose GSM-Verbindung. Zu diesem Zeitpunkt wurde ich vom EMT-Netz aus Estland bereits versorgt. Vor dem Zubettgehen wollte ich also den Wecker stellen und wunderte mich, dass wir erst so spät mit der Show fertig waren. Aber mein Notebook zeigte mir die deutsche Zeit, so dass ich dachte: hast du wohl doch vergessen nach St. Petersburg die Zeit umzustellen:

Also vor Zubettgehen auf OESZ gestellt mit dem Weckauftrag für 05.55 Uhr. Um 05.55 Uhr wurde ich auch wieder geweckt. Tatsächlich war es jedoch erst 04.55 Uhr OESZ. Ich habe darauf hin mein Mobiltelefon wieder umgestellt und an einen Fehler des Telefones geglaubt. Da ich nicht mehr schlafen konnte, fing ich dann mit meinem Reisebericht an: Auf einmal gab mein Mobiltelefon ein Warnsignal, dass er sich automatisch wieder gerne auf die MSZ stellen würde und dass ich jetzt manuell reagieren soll, wenn ich es nicht will. D. h. in diesem Augenblick empfing wohl mein Mobiltelefon von EMT ein Zeitsignal mit der Aufforderung auf Moskauer Zeit umzustellen, die bei mir ja als MSZ einprogrammiert war. Damit ihr nicht ausgerechnet vor dem Saaremaa-Ausflug auch unnötig eine Stunde schlaft verliert: noch ein Mitnehmtipp: ein klassischer Wecker zum Aufziehen mitnehmen, der „blöd“ genug ist, um keine Funkzeitsignale zu verarbeiten…

Auf Saaremaa kamen wir in neuem Hafen Sadam an. Lt. Erzählungen war wohl die Fahrt zuvor noch mehr oder minder an einem einem Provisorium inkl. provisorischer Zufahrten gelandet worden. Man muss sich das jetzt nicht, wie in Häfen zuvor vorstellen. Es handelt sich hierbei eher um eine kleine Marina, bei der man noch einen Betonsteg rangebaut hat, damit ein Kreuzfahrtschiff und ein Fährschiff mit landseitiger Rampe anlegen kann. Das Terminalgebäude erinnert mehr an eine zu groß geratene Sauna.

Zu diesem Ort wurde zum Zeitpunkt der Buchung nur eine einzige Tour angeboten: eine Bustour durch die Natur und ein Besuch einer Folklore-Gruppe. Nun bin ich Allergiker und wollte nichts natürliches außer Beton, Steine und Klimaanlagen mit Pollenfilter. Und bezüglich Folkore-Gruppen sollte man mich besser nochmals nach meinem Vorruhestand fragen, wenn ich vielleicht Zeit habe, meine CD-Sammlung diesbezüglich zu erweitern und mich reinzuhören.

Deswegen haben wir uns eigentlich im Vorfeld bei den Hafen- und Fremdenverkehrsbehörden erkundigt, ob wir tatsächlich wie im Prospekt beschrieben, getendert werden, oder wir eine Chance haben von Bord zu gehen und wenn ja, ob sie uns bei der Beschaffung eines Fremdenführers behilflich sein können. Für 65 EUR wurde uns dann ein Führer vermittelt, nachdem auch feststand, dass wir von Bord kommen. Da wohl alle Fremdenführer unter der Fuchtel des estnischen Reisebüros stehen, wurden witzigerweisen unsere direkten Anfragen an die Fremdenführer an das Reisebüro weitergeleitet. Zunächst habe ich ja darüber geärgert, dass jetzt noch jemand mitverdienen wollte, nachdem wir in Tallinn nur 50 EUR für drei Stunden zahlen mussten. Aber jetzt hatten wir auf einmal Glück: Die Dame vom Reisebüro erklärte uns nämlich, dass wir ca. 31 km in der Pampa ankommen würden und dass wir dann bitte keine New Yorker Verhältnisse erwarten sollten, um eben am Straßenrand ein Taxi rufen zu können. Sie sagte jedoch, dass sie sowieso für die Lili Marleen eine zweite Tour anbietet: einen Bustransfer vom Hafen nach Kuraalsee, dem Hauptort auf Saaremaa. Wenige Tage später bestätigte sie nochmals, dass dieser Vorschlag von der Reiseleitung wohl aufgegriffen wurde und diese Tour nachträglich ins Programm aufgenommen wird und dass sie es geschafft hat, in einen Transferpreis von 23 EUR noch ein Ticket für DIE Attraktion des Ortes, dem Bischofspalast in den Preis integriert hat. Letztendlich hatte man eigentlich so sogar einen Teil der anderen Tour: die Fahrt vom Pier zum City Terminal dauerte nämlich ca. 40 Minuten quer durch die Natur. Dann kamen wir an einer alten Steinbrücke aus der Römerzeit vorbei (meine „vorlaute“ Anmerkung im Bus, die dann direkt von anderen nachgeplappert wurde – wobei der Limes ja in Germanien endete…). Und dann kamen wir zum City Terminal (einem großen Busparkplatz mit Toiletten). Hier wurde dann jeder seinem Schicksal überlassen, was allerdings in diesem Ort mit 15.000 Einwohnern, nicht problematisch war. Sicherlich hätte man sich auch kaputtlachen können, warum wir für einen Ort, der sich in 10 Minuten zu Fuß erschließen ließ, ausgerechnet einen Fremdenführer brauchen.

Zurück nochmals zur Pier am Sadam International Cruise Terminal:

Bis auf St. Petersburg hat sich kein Mensch für unsere Ausweise interessiert. Hier konnten wir das Schiff nicht ohne Ausweiskontrolle verlassen. Es hatte extra ein Boot des Grenzschutzes angelegt und jeder wurde kontrolliert. Nur eines kann man sich schenken: Wer seinen Reisepass im Safe hat, braucht nicht nochmals rein, da wir aus einem EU-Land (Finnland) kamen, aus einem EU-Land (Deutschland) sind und in ein EU-Land (Estland) reisen: Daher reichte mein Personalausweis vollkommen aus! Übrigens die Kontrollen hinterher wieder für den Gang an Bord und auch kurz wieder von Bord anlässlich des Präsidenten-Besuches waren genauso streng! D. h. der Standard in Sadam war höher als in den ISPS-geschützten Häfen von Visby (mit Gepäckdurchsuchung), Tallinn oder Helsinki.

Ich kann schon einige Fremdsprachen und Estnisch zählt nicht dazu und ich wollte mehr aus direkter Hand nicht nur über die Gebäude etwas erfahren, sondern auch über das Leben und die Leute und die Frage beantwortet haben: warum Glasnost und Perestrojka sich so unterschiedlich auf die einzelnen ehemaligen Sowjetrepubliken ausgewirkt haben. Nun hatten wir diesbezüglich total Glück: unser Fremdenführer Jaan war Deutschlehrer und hat sich seinen Traum ein kleines Hotel zu eröffnen nach der Wendezeit in Estland erfüllt. Wir haben daher sehr viel über die singende Revolution, die Währungsreformen und alles Mögliche erfahren. Normalerweise hake ich jedes Objekt in einem Burgmuseum in wenigen Millisekunden ab. Aber Jaans Art die Objekte näher zu bringen, war schon faszinierend, so dass wir Lust haben, auch mal privat für einige Tage nach Saarema wieder zu fahren.

Auf Saaremaa bedeutet der Aufenthalt der Lili Marleen den Leuten sehr viel. So war man auch sehr enttäuscht, dass wohl beim allerersten Mal, bei dem ja noch getendert werden sollte, das Tendern ausgefallen ist. Er wird auf den Marktplätzen ständig von Souvernirverkäufern gefragt, wie die Worte auf Deutsch heißen, so dass wir jetzt wissen, wir das Wort „Wacholder“ auf dem Marktplatz wohl erläutert hat. Unser Fremdenführer erzählte, dass man sich auf die offizielle Einweihung nächste Woche freute und der Präsident dann extra kommen wird. Mit der Einweihung war die Hoffnung auf regelmäßigere Verbindungen nach Westen und nach Schweden verbunden.

Auf dem Parkplatz zurück hatten wir auch dort ein wenig Folklore. D. h. mit der Tour gab es Natur, Folklore, Kunst(handwerk), Kultur, Stadt und Shopping (wir haben seit der Erfahrung in Tallinn nochmals Medikamente nachgebunkert…).

Zurück erinnerte ich mich an den ersten Tag: „Wir ziehen unsere Uniformen nur am 1. Tag an, damit Sie fotografieren können, sonst laufen wir zivil herum“. Und nun: Andrej in Festtagsuniform und stolz erhobenen Hauptes am Pier??? Ein Militärboot, Feuerwerks- und Tontechniker. Dann kam die Auflösung: die Einweihung wurde um eine Woche vorgelegt, weil ja die Lili Marleen in der kommenden Woche in Norwegen ist. Mit Andrejs Aufruf, dass es am Pier Schnittchen gibt, wurden dann wieder alle Passagiere vom Bord gelockt.

Folkloregruppen singen und irgendwann kommt ein dunkler Campingbus. Keine Flaggen am Fahrzeug und keine Polizeieskorte mit Motorrad und vorausfahrende Security. Der „kleine Dicke“ (da ich selbst so aussehe, darf ich es respektlos sagen) im schwarzen Anzug, der jedem die Hand drückt, soll ein Staatsoberhaupt sein? In Deutschland undenkbar. Aber hier sind eben das Volk und seine Präsidenten eins. Auf eine sehr schöne naive Art, die man sicherlich in Berlin vermisst.

Wir fahren mit 1 ¾ Stunden Verspätung ab. Bis zum Abendessen ist wieder alles im Plan.

Und jetzt muss ich leider einen Widerruf bezüglich des Essens schreiben:

Es gab Lachszopf mit Hummersauce!

Also ist also genügend Variation da, auch für die Gourmets. Allerdings geht es mir bei meinen Geschäftsessen so: Nach zwei drei Tagen Schickmick-Essen, bin ich froh, wenn ich mal eine Stino-Erbsensuppe bekomme. Und meine Wünsche wurden wohl erhört: Es gab tatsächlich Spargel – wenn auch kein nordbadischer, sondern grüner.

Und passend zum Alter und Herkunft des Publikums: Der Einmarsch der Eistorten erfolgt nicht mit der schönen Traumschiffmusik von James Last sondern mit einem Militätmarsch!!! Einige sind sofort in den Gang aufgesprungen und haben mit ihren Kameras salutiert und einen Stau verursacht, der sogar auf Bayern 3 im Verkehrsfunk gemeldet werden können. Allerdings habe ich seit dem Piratenabend einen Schlag abbekommen. Istvan und Gabor (unsere ungarischen Kellner) mussten mich zurückhalten, dass ich nicht wieder anfange mir selbst aufzutragen, wie am Abend zuvor. Am Schluss gab es den Toast mit den Kapitän, der zur zweiten Tischzeit kam. Vor der 1. Tischzeit hatten wir eine ältere Mitreisende, die uns vor einigen Tagen aufgefallen ist und mit der schon ein paar Worte gewechselt haben, ganz aufgeregt erzählt, dass sie schnell umziehen müsse, weil sie am Kapitäns Tisch erwartet wird. Wir haben sie im Gang zwischen der 1. und 2. Tischzeit getroffen und gefragt, wie es war: „Ich habe jetzt gar keine Zeit zum Erzählen“ und versuchte schnell wegzukommen. Hinterher haben wir erfahren, dass der Kapitän wohl zur 1. Tischzeit nicht gekommen ist.

Der Rest des Abends ist schnell erzählt. Am Nachmittag ging mir eine ältere Dame auf die Nerven. Ich hatte mich gerade mal mit Andrej ein paar Minuten unterhalten und sie selbst hatte zwischendurch gefunkt, um ihre Lebensgeschichte erzählt. Jeder dritte Satz: „Nun will ich Sie nicht länger stören“. Andrej ist nun mal Profi und hat natürlich erwidert „Sie stören nicht!“. Wie das endete, brauche ich wohl nicht zu beschreiben. Am Nachmittag zu Andrej: „Ich kann Ihnen nicht meine Hand geben und festzudrücken, aber es kommt von Herzen.“ Sie hatte einen festeren Verband mit einer entsprechenden Manschette am Handgelenk.

Am Abend hatte ihr die Anordnung der Sessel und Tische im Musiksalon nicht gepasst. Wir müssen echt einen Superdoktor an Bord haben, der Wunderheiler ist. Und auf einmal hat sie sich alle Sessel und die Bartische so durch die Gegend gewuchtet, dass sie prima sehen konnte und… sie im Gang saß und unsere Kellner sie im wahrsten Sinne des Wortes umschiffen oder zurückdrängen mussten. Aber Hauptsache sie hat gut gesehen – auch wenn alle anderen genervt und wir dadurch in einen Abschnitt saßen, der von der Getränkeversorgung abgeschnitten wurde. Aber genauso sind Inseln entstanden, wie wir heute auf Saaremaa gelernt haben. Also vor einigen tausend Jahren muss wohl eine kreuzfahrtfahrende Wikingerfrau im Stile von Häger’s Helga die Möbel umgestellt haben. Und seit dieser Zeit gibt es Billy, Knut und IKEA. Und so ist die Insel Saaremaa entstanden. Wie heißt es so schön: Entdecke deine Möglichkeiten!!!

Die Show war dann wirklich schön, weil ich „Hello Dolly“ liebe und eine der Sängerin tatsächlich wie die junge Barbra Streisand singt. Noch schöner wäre es allerdings gewesen, wenn die Wunderheilung auch bewirkt hätte, dass der Aus-Knopf wieder in Betrieb genommen worden wäre, um die Schwergewichtsheberin zum Schweigen zu bringen, die während des Gesangs unbedingt anderen lautstark aus ihrem Leben erzählen musste.

Nun ist es 07.10 Uhr und wir müssen uns für unseren Landgang in Gdingen fertigmachen: Duschen – Frühstücken usw.

Ich habe jetzt hier an Deck 1½ Stunden gesessen und mein Reisetagebuch geschrieben. Danke für eure Ermunterung weiterzuschreiben. Ich wollte eigentlich nach dem 1. Bericht wieder aufhören, weil ich eigentlich nur klarstellen wollte, dass die Lili Marleen eine Reise wert ist.

Euch wünsche ich ein tolles Treffen in Koblenz und wir werden jetzt den letzten sonnigen Tag auf dieser Reise genießen. Wenn Engel reisen. Dieses Mal hatten wir Glück gehabt und waren die Engel. Strahlender Sonnenschein, schöne Plätze und ein tolles Team. Euch, die noch die Reise mit der Lili Marleen noch vor euch haben: Ich wünsche euch vom ganzen Herzen, dass ihr es genauso gut habt, wie wir. Deswegen immer noch: Alles im Lot auf dem Boot – alles in Butter auf dem Kutter…

Das nächste Mal dann wieder aus Deutschland.

Herzliche Grüße und bis bald!!!
HeinBloed


18.06.2006:

Solidarität und am Tag als der Regen kam


Nun der letzte Tag unserer Reise war dann auch die Zeit, bei der es anfangen durfte zu regnen, um uns den Abschied zu erleichtern.

Nach dem alle Tourmitfahrer von Bord waren, gingen wir auch in Gdingen von Bord, wo uns unsere private Führerin Jolanta erwartete und uns mit ihrem Wagen abgeholt hat. Auf dem Weg nach Danzig hat Jolanta sehr schnell herausbekommen, dass wir uns für die jüngere polnische Geschichte interessieren und schlug vor, dass wir zur Danziger Werft fahren, in dem ein Museum über die Solidarnocz untergebracht ist. Es war schon beeindruckend dort zu stehen, wo Menschen dafür gekämpft haben, dass wir heute die Freiheiten in Europa genießen können, von denen wir alle profitieren. Das kleine Museum ist erstklassig! Die Museumspädagogen haben sich hier besonders viel Mühe gegeben und in der Tat hat man eine Gänsehaut, wenn man durchläuft und sie von den damaligen Ereignissen erzählt, als ob sie selbst dabei gewesen wäre.

Später ging es dann in Danziger Altstadt, in der wir in einem Café erst mal etwas getrunken haben und die letzten Sonnenstrahlen genossen haben. Langsam ging es dann durch die Gässchen über einen polnischen Supermarkt zurück. Irgendwie ist es komisch: Obwohl ich kein Polnisch verstehe, aber „Kollegin kommt gleich“ klingt im Polnischen von der Melodie her genauso vertraut, wie damals in Ost-Berlin.

Es ging dann zurück nach Gedingen zum Hafen, der etwas außerhalb liegt und an denen tüchtige Straßenhändler ihren Bernstein-Schmuck aufgebaut haben. Wir wurden vor Verlassen des Schiffes gebeten, unsere Reisepässe mitzubringen, allerdings wurden sie nicht kontrolliert. Die Reiseleitung hat mit ein paar Schnittchen und Kaffee schon dafür gesorgt, dass die Grenzkontrollen beschäftigt waren und sich für uns nicht interessierten.

Das letzte Mittagessen an Bord – und eine freundliche Einladung des Maître mit in die Küche zu kommen, um sich den Betrieb anzusehen. Für mich als Hobby-Kochlehrer war das schon interessant, alles mir mal anzusehen. Übrigens nochmals ein Hinweis aus der Küche: man bekommt auch doppelte Portionen, nur doppelt Fleisch, Zwischengang als Hauptgang. Wenn man nichts sagt, dann darf man sich nicht über zu kleine Portionen aufregen.

Heute gab es Szegediner Gulasch. Unsere ungarische Fraktion (Lazlo, unser Getränkekellner, Gabor und Istvan) habe ich gefragt, ob sie selbst es auch essen würden. Bei einer Mindestquote von 2 von 3 Ja-Stimmen, würde ich es dann bestellen. Die Quote wurde sogar 3 von 3 erfüllt. Wenn sogar die Ungarn das ungarische Essen eines badischen Koches, dann muss es ja gut sein. Welche bessere Referenz kann man bekommen, als von denen die es mit der Muttermilch schon aufgenommen haben? Von den 1 ¾ Stunden Verspätung haben einen Teil wieder aufgeholt. Im ursprünglichen Reiseplan stand 08.00 Uhr als Ankunftszeit drin. Nun im Tagesprogramm 09.00 Uhr. Tatsächlich war es gegen 08.20 Uhr. Die letzten Gäste sollten um 14.30 Uhr wieder eintreffen, damit wir um 15.00 Uhr abfahren können. Tatsächlich kam der letzte Bus erst um 14.50 Uhr an und die Maschinen liefen schon für die Abfahrt… Aber auch diese Late-Arrivals wurden noch abgefüttert. Übrigens: Die Wunderheilung von gestern hat noch weitere Fortschritte gemacht. Jetzt ist sogar schon der Verband ab. Ich bin mal gespannt, ob ich heute Abend den Musiksalon wieder erkenne, falls sie wieder mit den Umbauarbeiten beginnt. Da sie noch die Anschlussreise nach Norwegen mitmacht, wird sie bestimmt noch viele Gelegenheiten haben, andere Leute damit zu nerven. Und wenn ich das nächste Mal wiederkomme, dann erkenne ich die Lili Marleen bestimmt nicht wieder…

Unsere Tischnachbarn sind erfahrene Kreuzfahrer – so erfahren wir in den Gesprächen. Mit über 20 Kreuzfahrten sind sie tüchtig dabei. Sie haben auch nochmals bestätigt: Es gibt kein Schiff auf dem alles perfekt ist. Wir haben sie mal ausgefragt, um mal ihre Meinung zu hören: Lili Marleen bietet ein akzeptables Preis-Leistungs-Verhältnis, wenn man den richtigen Zeitpunkt der Buchung und die richtige Reise erwischt. Sie haben uns das versucht so erklären: bei dieser Route ist es nicht schlimm, wenn man mal schlechtes Wetter hätte, da man jeden Tag einen Landgang hat und so nicht die Größe (in dem Fall eher die begrenzte Größe) stört, weil dann noch genügend Abwechslung ist. Wenn man jedoch durchgehend beschäftigt werden muss, kann es schon problematisch werden, z. B. bei mehreren Tagen auf See. Wir haben uns darauf hin mal einen Prospekt der Mona Lisa an der Rezeption geben lassen – in der Tat: die Bilder und die Touren und die Preise sind eine andere Welt und eine andere Klasse. Da sind sicherlich die Erwartungen höher als bei der Lili Marleen. Da es meine erste Kreuzfahrt ist und ich bislang noch nie in der Lage war bei schlechtem Wetter mich min. 24 Stunden an einem Stück unter Deck aufzuhalten, kann ich die Situation bislang noch nicht nachvollziehen. Deswegen eine Straftat an Land zu begehen, eine Strafe nicht zu zahlen und dafür mal im Gefängnis ein paar Tage probesitzen, liegt mir ebenfalls fern. Aber jetzt, wo ich es weiss, dass die Situation auf mich zukommen kann, muss ich selbst entscheiden, ob ich sehendes Auge das Risiko auf mich nehmen möchte – oder lieber auf 100%-ige Sicherheit gehe und ein anderes Schiff buche, dass mich auch bei schlechtem Wetter wie in Las Vegas beschäftigen kann. D. h. wenn man sich für die Silvester-Reise mit einer Transatlantiküberquerung entscheidet, dann muss man auch in der Lage sein, sich ggfls. fünf Tage zu beschäftigen, statt fünf Tage alles schwarz zu malen. Also Vergleichsangebote suchen und auch die Preise und Leistungen vergleichen. Wenn man nicht mehr ausgeben will, dann sollte man hinterher auch nicht das fehlende Casino beklagen. Sie haben uns auch erklärt, wie man professionell Preise und Leistung vergleicht, da sie nun wahre Schnäppchenjäger sind: Budget je Tag setzen und Leistungen bei einem Angebot beispielsweise 100 EUR/Tag vergleichen und dann eben sehen, wo bekomme ich das meiste für dieses Budget. So haben sie sich bisher vor großen Enttäuschungen bewahrt und waren dann eher immer positiv überrascht, wenn auf einmal das Preis-Leistungs-Verhältnis sich zu Gunsten einer besseren Leistung verschoben hat. Die anderen beiden Tischnachbarn waren ein älteres sächsisches Ehepaar, das schon Kreuzfahrten aus der Zeit als noch die DSR über eine Kreuzfahrtflotte verfügte, solche mitgemacht hat. Komisch: wir sind der Empfehlung des Büros in Hannover gefolgt und haben einen 6-er-Tisch angemeldet. Falls das andere Paar einem nicht liegt, dass es noch ein anderes Paar vielleicht gibt, mit dem man sich besser versteht. Nur hier war es witzig: zu sechst haben wir nie ein gemeinsames Gesprächsthema gefunden. Waren wir jedoch dann nur noch zu viert, wurde es meistens sehr interessant, so dass uns die Kellner immer dann rauswarfen, in dem sie demonstrativ das Geschirr für die nächste Mahlzeit herrichten. Dass wir erfahrene Kreuzfahrer mithatten, war schon äußerst praktisch. So haben die uns beigebracht, alles was geöffnet, muss bezahlt werden. Ich hielt das Wasser als Standard zu Mittag. Unser älteres Sachsenpaar hat am ersten Tag darauf bestanden, dass sie zu zweit ebenfalls eine eigene Flasche erhalten und einen Aufstand gemacht. Da ich zu diesem Zeitpunkt auch noch nicht wusste, dass es nicht kostenlos war, hatte ich denen angeboten, dass wir etwas von unserem Wasser denen einschenken können. Das lehnten sie jedoch ab, weil sie darauf bestanden, dass sie unbedingt ihre eigene Flasche wollten. Peinlich wurde es erst dann, als dann der Beleg zum Abzeichnen vorgelegt wurde. Unsere Kreuzfahrtprofis haben auch lobend erwähnt, dass es nicht selbstverständlich ist, dass Anbruch für die nächste Mahlzeit behalten wird. Unser Getränkekellner Lazlo hat zwar auch immer unsere Tischzeit, -nummer und Kabinennummer auf der Flasche vermerkt, obwohl wir diesen Service nie in Anspruch genommen haben und lieber den Rest mit auf das Zimmer nahmen, da dort ja kein Minikühlschrank vorhanden war und wir zumindest noch eine Zeitlang das kalte Wasser genießen konnten. Nachdem ja auch die Fahrtrichtung geändert wurde, saß auf einmal aufgrund einer Essenszeitverschiebung meine gegenüberliegende Tischseite voll in der Sonne. Er hatte sich zunächst an unseren Gabor gewandt, und ihn gebeten die Vorhänge zu schließen. Das führte zu dem natürlichen Protest der Gäste direkt am Fenster, die natürlich sich nicht ans Fenster gesetzt haben, um geschlossene Vorhänge zu sehen. Gabor war natürlich im Konflikt, da sowohl unser Tisch und der Tisch am Fenster in seinen Bezirk reinfielen. Er hat sich kaufmännisch-logisch für die höheren Deckungsbeiträge entschieden, was dazu führte, dass der Maître Oliver am Schluss der Sitzung richtig runtergeputzt und angeschrieen wurde. Man muss dazu wissen, dass der ältere Sachse Tierarzt war. Und dementsprechend hat er einem Restaurantleiter für alle im Saal verständlich erklärt, wie sich ein Gockel anfühlt, der in einem Grill zum Grillhähnchen wird… Die Art der Präsentation der Kritik in der lautstarken Form hätte auch von mir kommen können. Und ich gebe zu: In den ersten drei Stunden an Bord hatte ich mich über etwas aufgeregt und es doch zugegebenermaßen überzogen reagiert. Doch wie gesagt: Liebe Menschen, wie z. B. Andras, der einen beim Abräumen auf eine sehr charmante, höfliche und ungarische Art fragt, ob der Gang geschmeckt hat, konnte man einfach nicht nein sagen und man hätte vermutlich die Reste von gestern akzeptiert. Mit seiner Stimme und Art: er würde es sogar schaffen, einem dem gerade sein Haus abgebrannt ist, eine Wohngebäudeversicherung zu verkaufen. Sollte Dr. Stoffel gerade diese Zeilen lesen: Ich will mein Geld zurück! Sie schulden mir den Erfolg. Mit Andras haben Sie nicht gerechnet – bei dem würden sogar Sie „nein“ sagen, obwohl Sie uns ja eigentlich beibringen sollten, wie wir „nein“ sagen.

Deswegen tat mir auch meine Reaktion am 1. Tag Leid und als ich am 2. Tag die Trinkgeldkasse der Rezeption entdeckte, waren Yvonne von der Rezeption und ich auch wieder versöhnt. Ich denke, dass ich eben mit einer anderen Schreckenshaltung an Bord gekommen und meinte, sofort loslegen zu müssen.

Gegen 16.00 Uhr sollte der Abschiedsgottesdienst beginnen. Bis 15.50 Uhr haben noch die Künstler geprobt, als der Pastor ankam und erstmal entsetzt feststellte, dass die Hausdame noch gar nichts von den Sachen ausgeführt, die er angeordnet hätte. Das Schöne ist, dass er sehr konstruktive Vorschläge hatte, wie man diesen Gottesdienst attraktiver gestalten kann. Das weniger Schöne: er diskutierte es natürlich mit anderen Passagieren aus, die es natürlich noch besser wussten, statt es mit denen zu diskutieren, die daran hätten etwas machen können. Nun gebe ich zu, dass ich sicherlich mit 40 etwas aus dem Rahmen falle. Auch gebe ich zu, dass wir ja noch die letzten Szenen der Künstlerprobe uns angeguckt haben und einfach nahtlos sitzen geblieben sind. Daher sahen wir vielleicht so aus, dass wir darauf warten, dass die Show weitergeht. Aber die Frage, ob wir auch zum Gottesdienst wollen, kam für mich doch etwas überraschend. Wir merken schon, als Jüngere sind wir auf dem Schiff unbeliebt… nicht mal zum Gottesdienst dürfen wir ungefragt… Ich gebe zu, dass mein Einwand, weil der Tisch von der Hausdame noch nicht aufgebaut wurde, dass es Gott egal sei, ob ein Tisch da sei oder nicht, Hauptsache Gott selbst sei da, sicherlich zu meinem sicheren Ausschluss aus der Kirche führt. Hat einen Vorteil, dann spare ich mir die Kirchensteuer und kann mir künftig eine höhere Kabinen-Kategorie leisten.

Kurz vor dem Gottesdienst wurden wir dann ausgerufen, dass wir zur Brückenbesichtigung erwartet werden. Daher haben wir uns verabschiedet und leider nicht mehr mitbekommen, ob noch mehr Jüngere im Gottesdienst erschienen sind. Wir haben die Wartezeit dann genutzt um an Deck doch mal die Kaffeestunde zu nutzen, die wir bislang erst einmal am Ankunftstag genutzt haben.

In der Schlange eine Dame, die zu mir meint „Plaste und Elaste“. Sie hielt mich wohl für einen Matrosen, weil ich immer meine Bordkarte um den Hals trage (Damit ich mich wie in meiner Firma fühle, wo ich nicht ohne Karte auf die Toilette kann, da ich sonst nicht wieder in mein Büro komme). Ich meinte darauf hin: „Wieso? Geht doch nicht kaputt!“. Sie: „Schmeckt aber daraus nicht!“. Ich: „Dann gehen Sie doch runter und holen sich einen Rosenthal-Platzteller“. Sie: „Stimmt“. Ich: „Wie wäre es mit KPM oder Meißen?“. Sie: „Das würde mir dann noch besser schmecken!“ – Mit der Berliner Schnauze könnte es sogar die Dame gewesen sein, die ich mal als Student im KaDeWe bedient habe und damals eine Wasserschale von Meißen für ihren Hund wollte.

Mit meinen Schnittchen auf „Plaste und Elaste“ gehe ich zur Kaffeeausgabe. Ich versuche mir Süßstoff in den Kaffee hineinzutun. Der Herr kommentiert: „Süßstoff ist ungesund!“ – Ich: „Solange nur ich ihn benutze, bleiben Sie doch gesund!“. Was kann ich mehr für die Gesundheit meiner Mitmenschen tun? Eigentlich müsste ich von Ulla Schmidt einen Ordnen bekommen – und von meinem Arbeitgeber (Pharmakonzern) einen auf den Deckel…

Wir sind noch ein wenig früh daran, um für die Brückenbesichtigung abgeholt zu werden und bekommen den Streit von zwei Ehepaaren mit der Reiseleitung mit. Ich bin der Meinung, dass die ABG von Holiday Kreuzfahrten geändert werden sollten: Alle sollten vorher zu einer Jugendverkehrsschule und einen Orientierungskurs mitmachen. In Warnemünde wurde über Venus- und Poseidondeck eingestiegen. In Visby und St. Petersburg über das Venus- und in Tallinn, auf Saarema und in Gdingen über das Poseidondeck. Nun muss man ja mal klar sagen, dass Andrej Ansagen zur Show manchmal zum Abschalten der Hörgeräte neigen, weil sie extrem lang sein können, wenn er und das Schiff mal in Fahrt sind… aber ausgerechnet wenn angesagt wird, welche Busse zum Einsteigen bereit sind und über welche Decks ausgestiegen wird: Leute, da schaltet man seine Hörgeräte wieder ein. D. h. ein Ehepaar wartet artig am Ausgang auf dem Poseidondeck und das andere vor der Rezeption… und diesem fällt nicht auf, dass gar keine Tür an der Seite des Venusdeckes offen ist und auch sonst keiner über das Deck das Schiff verlässt und wartet und wartet und wartet… und gibt natürlich der Reiseleitung die Schuld, dass sie vergessen wurden, persönlich hinausgebeten zu werden und deswegen Danzig nicht sehen konnten. Andererseits, wenn die Reiseleitung schlau war, hat sie es hoffentlich nur gemacht, damit sie Danzig nochmals sehen können, in dem sie eine neue Reise buchen… Auch so macht man Umsatz. In meinen Augen waren die Ansagen klar und verständlich. Nur Regel der Kommunikation heißt ja, dass es nicht wichtig ist, was man sagt, sondern was ankommt. Ich würde eigentlich in die AGB reinschreiben, dass jeder Reisende ein Mobiltelefon mitführen muss. Dann kann man ja eine Gruppen SMS rausschicken, in dem man schwarz auf weiss lesen kann, dass der Bus abfährt und an welchem Ausgang man erscheinen muss. Wenn man ein Modell mit Vibrationsalarm hat, kann man es dann auch nach der Reise zu Hause nutzen, um die Vibrationen der Lili Marleen zu Hause zu simulieren. Oder einem Hörgeräteakustiker einen der Shops verpachten. Könnte auch noch Geld in die Kasse von Holiday Kreuzfahrten spülen.

Die Brücke dann war für mich eher unscheinbar, da ich früher mal bei einer Reederei gearbeitet habe, und daher schon auf Brücken von großen Containerschiffen gewesen bin. Aber für jeden Neuling ist dieses sicherlich ein aufregendes Ereignis.

Beim Abendessen hieß es Abschied nehmen von Gabor, unserem Hauptkellner. Budapest ist für seine traditionelle Kaffeehaus-Kultur bekannt. Und deswegen ist er morgens für den Kaffee verantwortlich. Da zum Frühstück freie Tischwahl ist, verabschieden wir uns auch von unseren Tischnachbarn.

Auch hieß es Abschied nehmen von Maya, unserer ukrainischen Perle, die das Schiff am 28.06. zur Heimreise verlassen wird. D. h. dass unsere Nachfolger nicht mehr in den Genuss ihrer picobello Arbeit kommen.

Im übrigen: Wer auch zu dem Personal besonders nett sein will: ein paar Brocken in Tschechisch, Slowakisch, Rumänisch, Ungarisch, Ukrainisch, Russisch, Griechisch, Türkisch lernen. Über Danke, Bitte und Guten Morgen und die Ansprache mit ihrem Namen freuen sie sich, weil es denen zeigt, dass ihr sie wahrgenommen habt (Trickkiste aus den Führungsseminaren…).

Später am Abend gab es noch eine Show mit den Sängern, die ihre Lieblingssong vorstellten. Zuvor wurden wir jedoch in die Steinzeit versetzt: Die Pre-Show auf dem roten Teppich vor der Oscar-Nacht. Ist schon dumm, wenn man als einzelner versucht 10 Sessel in der 1. Reihe zu blocken und man nicht zählen kann und nicht genügend Sessel in der 1. Reihe blockiert, und sich dann den Zorn der Leute zuzieht, die langsam reinkommen und die Blockadepolitik missbilligen, sondern auch derjenigen für die ja ursprünglich geblockt werden soll. Die Gruppe wollte unbedingt zusammen in der 1. Reihe sitzen. Ich dachte an die Höhlenmalereien, die die Jäger zeigen, die ihre Beute mangels Sackkarren oder Bollerwagen hinter sich her ziehen. So sah das auch aus, als die eine Frau den Sessel hinter sich herzog, um dann die Lücke in der 1. Reihe zu schließen, die eigentlich die Kellner brauchen, um die Gäste in der 1. Reihe zu versorgen. Weil aber nicht richtig gezählt wurde, sah das schon goldig aus, als dann der Ehemann saß und die Frau quer darüber gelegt wurde. Wenn sie schon Rundfunkgebühren zahlen, dann bestehen sie eben darauf auch in der 1. Reihe zu sitzen. Auch wenn das hier an Bord nicht ARD und ZDF sind.

Mein lieber Schwan: bisher war ich ja höflich-sarkastisch, weil ich die bisherigen Shows nicht als Seniorenheim-Standard abtun wollte. Aber was gestern Abend geboten wurde, hatte internationales Format!!!

Es gab nur ein einziges deutschsprachiges Lied. Dass es den Leuten (inkl. der non-english-speaking generation) sehr gut gefallen merkte man, am Klatschen: diejenigen, die aus der Zeit von Preußens Gloria klatschten, taten dieses auf 1 (Marschmusik-Takt), während die erfahrenen sich den Musikern anschlossen auf 2 klatschten.

Ich meine es jetzt nicht böse: Aber lieber Andrej: sie tun sich, den Künstlern und uns Gästen keinen Gefallen, wenn Sie die Künstler dazu zwingen sich auf ein Kaffeefahrt-Niveau zu begeben, um deutsche Texte zu lernen.

„All that Jazz“ aus Chicago und „Don’t Cry for me Argentina“ aus Evita sind kein Beispiel für leichte Unterhaltung, sondern stehen für Mord, Korruption, Tod und Politik. Aber so wie Lacra das brachte, waren alle hellauf begeistert. Ich habe beide Musicals in New York in der Original-Fassung in Englisch gesehen und kenne auch beide Musicals in Deutsch. Aber Lacra mit „All dem Jazz“ und „Wein nicht um mich Argentinien“ ist bestimmt nicht das gleiche!!!

Bei den ersten Shows haben Sie Auszüge aus Musicals gebracht, wie

Hair – aber „Let the sunshine“ fehlte,
La Cage aux Folles – aber „Ich bin was ich bin“ / “I am what I am” fehlte,
Der König der Löwen – aber “Circle of Life” fehlte,
Elisabeth – aber „Ich gehöre nur mir“ fehlte,
Les Miserables – aber „Nur für mich“ / “Only me“ fehlte.

D. h. oft fehlten einfach die absoluten Highlights der Musicals, aus denen Sie Auszüge brachten, deswegen schwappte vielleicht die Stimmung nicht so über, weil man doch enttäuscht war, dass das „Beste“ vorenthalten wurde.

Für mich kamen daher die ersten Shows sehr halbherzig rüber, während die letzte Show sämtliche Künstler mit Passion rüberkamen, weil man merkte, dass es Musik war, die ihnen lag.

Sie spielen Auszüge aus „Cabaret“ – Lassen Sie Lacra „Maybe this time“ singen und für ihre deutschsprachigen Freunde „Der morgige Tag ist mein“ („Tomorrow belongs to me“) und sie machen ALLE glücklich.

Wenn Sie ein deutschsprachiges Programm machen wollen, dann stelle ich mir das mit meiner Erfahrung als „DJ“ für 70. Geburtstage usw. im folgenden Stil mit folgendem Repetoire vor:

Lale Andersen: Lili Marleen
Marika Rökk: In der Nacht ist der Mensch nicht gerne alleine
Lilian Harvey: Das gibt’s nur einmal
Marlene Dietrich: Sag mir wo die Blumen sind
Joseph Schmidt: Heut ist der schönste Tag
Cornelia Froebess: Zwei kleine Italiener
Hazy Osterwald Quartett: Kriminal Tango
Bill Remsey: Pigalle
Freddy Quinn: Brennend heißer Wüstensand
Connie Francis: Die Liebe ist ein seltsames Spiel
Dalida: Am Tag als der Regen kam
Melina Mercouri: Ein Schiff wird kommen
Zarah Leander: Kann denn Liebe Sünde sein

Lachen Sie bitte nicht, lieber Andrej: aber damit habe ich geschafft, dass 80-jährige mitgesungen haben (ich selbst halb so alt!). Ich versuche nur konstruktiv Kritik zu üben. Andere sagen bloß das Sch…-Wort und polemisieren. Nur wenn man eigene Vorschläge hat, wie und warum man es evtl. besser gestalten kann, dann sollte man seine Kritik auch anbringen.

Denn alles andere wird der Versuch des Quadratur des Kreises und dafür sind Ihre Künstler zu gut, um nur zweitklassig deutsch, statt erstklassig englisch zu singen!

Some words to Lacra (and all other singing artists) – if you ever have the chance to read these lines:
I know it’s hard for you to live here on board separated from your families who need your money in your home countries and to perform for a German cruise audience.
But all of you are wonderful artists and your performance on stage is great.
You can be a true artist and die - or to adapt to the audience and make some money.
But never give up your own style!!! Everyone of you are the greatest: If I would have become blind and I might not see you on stage: I would have the impression that Barbra Streisand, Liza Minelli are live on stage and all of your voices are unforgettable. You should produce together a CD of the last night show and sell it to the guests. This would become bestseller as souvenir!!!

Andrej: sollten Sie der Idee mit der CD folgen: Für die Idee bekomme ich Prozente vom Verkaufserlös und lassen Sie es mich wissen, wenn es soweit ist – ich würde die Kreuzfahrt nur buchen, um die CD zu kaufen! Das ist billiger als ein Las Vegas-Aufenthalt.

Sorry, aber die Show hat mich emotional doch sehr mitgenommen.

Bis 02.00 Uhr mussten die Koffer raus. Ich bin extra früh aufgestanden, weil man mich auf das Ballett der „Wo sind meine Klamotten?“-Suchenden aufmerksam gemacht hat, deren Ehefrauen schon die Klamotten für den Abreisetag mit eingepackt haben. Unsere Nachbarn sind schon wegen eines Krankheitsfalles in Gedingen von Bord gegangen. Das heißt die erste Nacht ohne Kömidiantenstadl. Schade, ich konnte schon gar nicht mehr einschlafen. Nur hatte wohl die Crew angenommen, dass wir ebenfalls mit abgereist seinen, worauf unser Eingang auch zugebaut wurde. So habe ich leider diesen Kulturbeitrag verpasst.

Zur letzten Mahlzeit hieß es dann Abschied nehmen – von Istvan, Georgius und Michal. Wer serviert uns eigentlich morgen früh Frühstück? Helga Beimer aus der Lindenstraße müsste man jetzt zu Hause haben, die einem gerne Spiegeleier brät. Leider war die Atmosphäre heute morgen etwas angespannt, da ja das Wetter ein ausgiebiges Frühstücken draußen auf Deck nicht mehr zuließ. Wir hätten gerne nochmals bei Georgi und Michal gefrühstückt um deren Service ein letztes Mal erleben zu dürfen. An einem 8-er Tisch sitzt einer. Wir fragen nach, ob wir uns daran setzen können. Er meinte „Eigentlich ist alles besetzt!“ Ich hatte keine Lust zur Diskussion und habe mich woanders hingesetzt. Nach dem wir zu Ende gefrühstückt haben, sitzen er und seine Mutter immer noch alleine an dem 8-er Tisch. Ihn sollte man wirklich als Verteidigungsminister in Betracht ziehen und eine vollständige Abrüstung im Sinne der Friedensbewegung wäre sicherlich möglich. Mit Michal tausche meine E-Mail-Adresse aus und fordere ihn mir zu schreiben, wo ihn seine nächste Station hinführt. Wer weiss, ob ich ihn nicht mal eines Tages in Prag oder auf einem anderen Kreuzfahrtschiff wieder sehe. Da wo er arbeitet, da hätte ich die Gewissheit, dass einer da wäre, der in der Lage wäre, mir ein Highlight am Tag zu verschaffen. Wenn sein Jahresvertrag ausläuft, wird mit ihm eine Persönlichkeit von Bord gehen. Aber eigentlich ist jeder der Mitarbeiter, der endgültig von Bord geht, eine Persönlichkeit, die das Schiff verliert. Wenn ich die anderen nicht erwähnt habe, dann aus dem Grund, weil ich nicht die Gelegenheit hatte, alle mit der gleichen Intensität von meinem Stammplatz aus, zu beobachten, wie Michal und Georgi. Ich war abends nicht SEIN Gast, aber ihm war es unangenehm, dass ich Einblick auf die Essensreste der anderen Gäste hatte und im Rahmen seiner Möglichkeiten, hat er dafür gesorgt, dass ich den Anblick nicht ertragen muss. Er sieht im wahrsten Sinne des Wortes über seine Tellerränder hinaus! Und das zeichnet wohl einen sehr guten Kellner aus, dass ihm nicht nur das Wohl seiner eigenen Gäste am Herzen liegt, sondern aller – auch denjenigen, von dem vielleicht kein Trinkgeld zu erwarten ist! Deswegen fiel es mir vielleicht mehr auf, als bei anderen. Und mir fällt sein Hilfskellner Georgi auf, der die einmalige Chance hat, als Partner von Michal in seine Fußstapfen zu treten und ein erstklassiger Kellner zu werden. Denn während andere ihre Hilfskellner nur in Ausnahmefällen mit servieren lassen, fordert Michal Georgi ausdrücklich mit zu servieren. An einem runden 2-er Tisch. Beide zeitgleich von rechts – was fehlt ist die silberne Abdeckung. Ich würde mich freuen, wenn ich eines Tages von nachfolgenden Reisenden mit gleicher Begeisterung von deren Reise lese: Wir werden von einem rumänischen Kellner namens Georgius bedient, der eine rote Jacke anhat und er bedient uns wie Könige. Dann wüsste ich sicher, dass Michals Einsatz damals auf der Lili Marleen für Georgi sich ausgezahlt haben. Wenn der Dank am Schluss dann bei Michal mit „Dakujem“, Georgi mit „Multumesc“ und Istvan, Gabor, Lazlo und Andras mit „Kösönom“ kommt, dann wissen vielleicht sogar noch, von wem diese Initiative gekommen ist und erinnern sich an die Verrückten, die entweder bloß Chateau Coca-Cola Light oder Eau minerale naturelle getrunken haben, vom Tisch 19, 2. Tischzeit damals auf der Fahrt S65. Grüßt sie von mir!!!

Mittlerweile halluziniere ich ein wenig. Eine ältere Dame sitzt immer zur gleichen Tischzeit an der Wand. Sie sieht aus, wie die Schauspielerin Edda Seipelt. Ich traue mich nicht mehr zu fragen, nachdem ich das letzte Mal im ICE den Kellner gebeten habe, das Getränk einer anderen Dame zu übernehmen, weil ich annahm, dass es Tante Rosi aus der Lindenstraße sei.

Eine Tageskabine für 15 EUR konnten wir nicht mehr ergattern. Es wäre ja sowieso nicht die eigene gewesen. So sitzen wir im Musiksalon und warten. Hier herrscht die Atmosphäre eines Fährschiffes, weil jeder sein Handgepäck dabei hat. Alle die ein Lunchpaket gekauft haben, machen erst einmal Inventur, um den Gegenwert für 5 EUR zu überprüfen.

Nochmals ein paar Tipps für An- und Abreise / Landausflüge der Bernstein-Tour:

Wenn ihr das erste Mal dabei seid: macht vielleicht mal den 1. Ausflug auf jeden Fall mit. Dann seht ihr ja selbst, ob euch die Art liegt. Es hängt aber auch sehr von den einzelnen lokalen Führern, von der Schiffsbegleitung, vom Wetter und vor allem von den anderen Teilnehmern ab. Es ist hier so organisiert, dass ihr nicht das ganze Package für die gesamte Reise am 1. Tag durchbuchen müsst. Einzelne haben immer morgens noch angefragt. Und wenn noch Platz war und kein Bus zusätzlich bestellt werden musste: Die Reiseleitung hat dann immer irgendwie es geschafft, dass keiner zurückgelassen wurde und doch auch die Spätanfrager mitkamen. Ausnahme: St. Petersburg wegen der Meldungen an die Behörden wegen der Gruppenvisa.

Wenn euch das Herdenleben nicht so liegt, dann hier ein paar private Tipps:
(Alle Angaben gelten nur für die Terminals an denen wir angekommen sind. Kann das nächste Mal wieder anders sein).

Warnemünde – leider wird in den Prospekten nicht erwähnt, dass der Bahnhof Warnemünde direkt am Kreuzfahrtterminal liegt (ca. fünf Minuten Fußweg – leider mit Tunnel und Treppen). Warnemünde wird im 15-Minuten-Takt in etwa 30 Minuten an den Bahnhof Rostock Hbf angebunden. Von diesem fahren IC-Verbindungen Richtung Hamburg, Frankfurt, Karlsruhe, Köln und Stralsund ab. Vom Bahnhof Leipzig fährt über Magdeburg und Stendal einmal am Tag ein IC direkt nach Warnemünde ab. An- und Abfahrtszeiten passen EXAKT in die Abfahrts- und Ankunftszeiten der Lili Marleen. Nachtzüge nach Rostock fahren leider nur am Wochenende und nur im Sommer und sind daher immer sehr frühzeitig ausgebucht. Wenn man daher übernachten muss: Ab Rostock Stadthafen fahren pünktlich zum Einchecken auch Boote nach Warnemünde in ca. 60-75 Minuten. Der Anleger der Hafenrundfahrtslinie liegt fünf Minuten zu Fuß vom Kreuzfahrtterminal entfernt. Vorteil: man kann vor der Abfahrt die Lili Marleen in voller Pracht schon von der Seeseite sehen und sich auf die Reise freuen. Unsere Kreuzfahrtprofis haben uns auch von den Busanreisen erzählt. Hier ist der Vorteil eindeutig, dass man sein Gepäck zwischendurch bis zum Ausstieg nicht mehr sieht. Allerdings liegen nicht alle Abfahrtspunkte immer sehr zentral. Snacks und Getränke werden an Bord gegen Bezahlung angeboten. Für die Rückfahrt gibt es aber auch die Möglichkeit für 5 EUR Lunchpakete zu erwerben. Alternativ für 39 EUR/Gepäckstück den Gepäckservice zu nutzen. Gegenüber Kuriergepäck der Bahn/Hermes, der günstiger ist: auch hier sieht man den Koffer vom Schiff aus bis nach Hause nicht mehr und man braucht keine Anschrift in Warnemünde. Parken wird hier als Valet-Parking für 130 EUR angeboten. Ein Autovermieter ist direkt im Nachbargebäude des Kreuzfahrtsterminals untergebracht, so dass evtl. zwei One-Ways eine gute Alternative darstellen können.

Visby – 50/50 für die Tour. Wäre schade gewesen, wenn man den Blick auf dem Galgenberg verpasst – ansonsten kann man es gut alleine machen. Taxi wird nicht gebraucht, da das Zentrum nur ca. 10 Minuten zu Fuß erreichbar ist. Allerdings viele Treppen und Steigungen.

Tallinn – Wir haben da eine persönliche Führerin gehabt, die uns am Terminal abgeholt hat. Geht aber auch ständig rauf und runter. Taxi wird nicht gebraucht, da das Zentrum nur ca. 10 Minuten zu Fuß erreichbar ist. Allerdings viele Treppen und Steigungen.

St. Petersburg – Aufgrund der Visabeschaffung (je früher desto billiger – jedoch mit hohem Aufwand für die Beschaffung von Zusatzunterlagen, wie Einladungen oder Krankenversicherung) auf jeden Fall eine Tour buchen. Duty Free Shop (nach der Zollkontrolle bei der Abreise) und andere Shops (vor der Kontrolle) im Terminal. Wenn man ein eigenes Visum besitzt: Um Taxis günstig zu nutzen, sollte man perfekt und akzentfrei Russisch sprechen. Es gibt keine Taximeter. Sie handeln die Preise frei aus. Taxen, die vor Terminals oder Hotel warten sind mehrfach teurer, als Wagen, die man mit Handzeichen am Straßenrand anhält. In diesen Taxis (ohne Schilder) hat man allerdings auch die Chance im Taxi überfahren zu werden. Das Terminal liegt ziemlich weit zum Zentrum entfernt. Nichts für Bus- oder Straßenbahnfans, da schlecht angebunden. Es werden jedoch in den Geschäften Rubels benötigt, auch wenn Preise in Euro oder US-Dollar ausgezeichnet sind.

Helsinki – Unser Hafen lag ca. 3 Minuten vom Marktplatz entfernt. Dort gibt es von Suntours (die anderen Anbieter haben zu große Boote) Stadtrundfahrten auf dem Wasser, die sehr schön sind (90 Minuten = 16 EUR). Für 6 EUR (= 60 Minuten) gibt es in der Straßenbahn Tageskarten. Mit der 3B oder 3T einmal die große „8“ als Stadtrundfahrtslinie fahren. Dort kommt man auch durch die Shopping-Distrikte vorbei und kann zwischendurch aussteigen. Das Edelkaufhaus (vergleichbar KaDeWe) heisst Stockmann und das günstigere SOKOS. Viele Angebote, so dass gute Schnäppchen machbar sind. Suomenlinna ist auch sehr sehenswert, wenn man vorher die Peter- und Paulfestung in St. Petersburg verpasst hat. Allerdings muss man mit der Fähre rüber. Daher genügend Zeit mitnehmen.

Saarema / Kuressaare: Sadam (Anlegestelle) liegt 31 km entfernt. Taxis stehen am Pier. Allerdings wird ein Transfer angeboten. Anschließend hatten wir eigenen Fremdenführer gehabt. Lohnt sich auf jeden Fall.

Gdingen: Taxen stehen vor dem Pier und fahren für 25 EUR nach Danzig (ca. 25 Minuten). Wir hatten wieder eine persönliche Führerin, die uns mit dem Wagen abgeholt hat.

Wie erfolgreich eine Tour wird, hängt in erster Linie von den persönlichen Vorbereitungen und Interessen ab.


Ich würde auch noch gerne etwas über das Essen schreiben. Nur habe ich meine Speisekarten im Koffer, so dass noch ein separater Bericht folgt. Wir beginnen bald mit der Ausschiffung. Neben uns liegt die Norwegian Dream und wir müssen daher zum kleinen Terminal. Mal gucken, wie wir jetzt von Bord kommen, da alle Gänge voll mit Koffern herumstehen.

In diesem Sinne:

Leider ist diese Reise vorbei.
Aber ich habe nicht bereut, diese Reise angetreten zu haben.

Herzliche Grüße
HeinBloed


Last not least...


Hallo Forum-Freunde,

zunächst einmal danke an Luigi und Gerd, die mich unterwegs nicht „enttarnt“ hatten. Aufgrund meines Aussehens und weil ich immer meine Bordkarte mit einem Band um den Hals trug, kam es immer zur Annahme, dass ich von der Crew sei. Ich wurde nach dem Weg gefragt usw. usf.

Nun bin ich zurück im Odenwald und möchte meinen Bericht abschließen.

Für uns war eine Erkenntnis wichtig: Nicht alles zum Maßstab nehmen, was im Forum steht. Das gilt auch für alle, die sich an meinem Bericht erfreut haben und demnächst selbst die Reise antreten. Es kann euch passieren, dass beispielsweise Michal am Weißheitszahn operiert wird und Lacra vielleicht eine Halsentzündung hat und nichts mehr so, wie ich es beschrieben habe. Es sind sehr persönliche Eindrücke und was ich an dem Service mag, kann euch vielleicht total nerven, weil es euch zu aufdringlich ist. Ihr dürft daher den Leuten, die ich beschrieben habe nicht böse sein, wenn ich in positiver Hinsicht eure Erwartungen zu hoch geschraubt habe: Seid bitte auf mich böse! Mir ging es so ähnlich – dass ich meine Erwartungen nach unten geschraubt habe, um mich zu erfreuen. Was aber für euch wichtig ist: Freut euch auf eure Reise und entdecke eure eigenen Möglichkeiten. Grüßt mir die Leute, die es wirklich alle gibt.


Was noch klarzustellen galt: Gut bürgerlich vs. Nouvelle Cuisine.

Dino Schwager hat so gut gekocht, dass ich in dieser einen Woche keinen Gramm zugelegt habe. Bezüglich der Menge, habe ich schon mehrfach geschrieben: wer mehr will, soll es sagen.

Den letzten Tag empfand ich als „ordinär“ (im Sinne von einfacher als die anderen Tage):

Kalte Vorspeise
Salat „Hotel Negresco“ grüne Bohnen, Artischocken, Thunfisch, Oliven, Eier, Tomaten, französisches Dressing
Vs.
Frischer Mangococktail mit Campari

Suppen
Waldpilzcremesuppe mit Sahne
Vs.
Gemüsebouillon mit Leberspätzle

Warme Vorspeise
Fusilli Nudeln geschwenkt in Gorgonzola mit Parmesankäse

Auswahl an frischen Saisonsalaten von unserem Büffet
Dressing: Chillisalsa, Amerikanisch, Italienisch

Hauptgerichte
Schwertfisch in Knoblauch-Rosmarinöl gebraten mit Lauchgemüse à la Crème und Butterkartoffeln
Vs.
Rinderleber „Berliner Art“ mit Röstzwiebeln, Apfel, Speck, Kartoffelpüree und grünen Bohnen
Vs.
Züricher Kalbsgeschnetzeltes in Champignonrahm serviert mit Romanesco und Schweizer Rösti

Unser vegetarisches Angebot
Baskisches Gemüsepfanne mit Auberginen, Tomaten und Oliven

Dessert
Dukatenbuchteln mit Vanillesauce
Vs.
Fruchteisbecher mit Schlagsahne

Käse & Früchte
Genießen Sie frische Früchte und Käse vom Büffet


Die kalte Vorspeise war immer klasse! Das ist schon mal etwa 2/3 großer Teller (26 cm). Und alles immer liebevoll garniert, weil das Auge mitisst.

Die Suppen schmecken richtig lecker. Alle Grundlagen stammen mit Sicherheit nicht aus dem Hause Knorr, Zamek oder Maggi und man schmeckt heraus, dass sie selbstgemacht sind. Was mich stört: Diese Suppenschalen erinnern mich persönlich eher an meine Zeit als Porzellanverkäufers während meines Studiums und ich würde sie eher als henkellose Müsli-Keramik-Schalen bezeichnen. Was mich stört: sie unterstreichen gar nicht die hohe Qualität und den tollen Geschmack des Inhaltes, weil sie eher an Mensa und Krankenhaus erinnern und widersprechen komplett den schönen Rosenthal Platztellern.

Die warme Vorspeise ist ein Amuse Geulle. D. h. mehr als drei Bissen hat man nicht. Aber keinesfalls darauf verzichten. Es ist wirklich ein Highlight. Und Amuse Geulle bedeutet den Gaumen zu erfreuen – und um mehr geht es hierbei nicht!

Es gab nie einen Tag, an dem die drei gleiche Dressings angeboten wurden. Ich bin auch verwundert, was Dino und seine Mannschaft noch für Kreationen im Ärmel versteckt hat. Wer kennt schon eine Rote-Beete-Dressing? Auf jeden Fall nichts, was man im Supermarkt unter Knorr Salatkrönung oder Kühne Salatdressing in Flaschen findet.

Rinderleber ist sicherlich gut-bürgerlich. Züricher Kalbsgeschnetzeltes ist in meinen Augen nicht mehr gut-bürgerlich, sondern eine Stufe höher. Vor allem der Rösti war handgemacht und keinesfalls TK-Ware in Form von Rösti-Talern. Und jeder Fisch, wie den Schwertfisch, den ich nicht in einem Nordsee-Restaurant finde, würde ich auch nicht als gut-bürgerlich bezeichnen. Und das geht aber jeden Tag so: wer nicht jeden Tag gut-bürgerlich essen wollte, musste es auch nicht tun. Wobei hier beschreibe ich die Abendessen und mittags war es einen Tick einfacher aber keinesfalls schlechter. Lieber Dino und lieber Oliver – ich weiß, dass Sie diese Zeilen mitlesen werden. Obwohl ich jetzt nicht zugenommen habe: vielleicht sollten Sie sich einfach mal überlegen, statt abends drei Gängen warm einen alternativen Kaltgang, z. B. italienische Wurst- und Käseplatte, so dass man nicht zwingend zwei Mal am Tag fünf Gänge warm essen musste. Sie haben wirklich so gut gekocht, dass ich es nur bedauert hätte, es nicht probiert zu haben. Deswegen kam ich nie in die Verlegenheit, nach einer 2. Portion zu fragen. Lieber habe ich auf Kuchen und Mitternachtssnack verzichtet. Auch habe ich zweimal den vegetarischen Gang genommen, der auch sehr lecker war. Allerdings mit einer kleinen Kritik: Blätterteig ist eindeutig nicht die Domäne der Philippinen!!! Das sollten Sie besser Patisseuren aus Frankreich, Österreich, Tschechien, Ungarn, Kroatien, Griechenland, Türkei und Dänemark überlassen, die tolle Blätterteigkreationen haben. Nicht böse sein: bei Ihnen habe ich immer den Eindruck, dass jemand vergessen hat, die Teigplatten hauchdünn auszurollen, bevor er in den Backofen kam. Dabei heißt das Ding doch im Französischen Mille Feuilles, um zu sagen, dass er aus mindestens 1.000 Blättern bestehen sollte. Es war keinesfalls der Geschmack oder die Kreation, die mir dabei auffiel, sondern lediglich die Konsistenz, weil ich ihn persönlich als sehr kompakt empfinde. Das war wirklich das einzige, was ich schade fand!!! Aber vielleicht ist das ja auch Absicht und hat mit der Pflege von dritten Zähnen ihrer Gäste zu tun, von denen ich noch nichts weiss.

Die Desserts sind immer als Amuse Guelle angelegt. Bei Eis bitte nicht mehr als eine Kugel erwarten. Es geht um die Abrundung des Gesamtbildes – nicht um Völlerei.

Beim Käse wäre es Perlen vor die Säue zu werfen, wenn extrem exotische Käsesorten (Ziegen-, Schafkäse) angeboten werden würde. I. d. R. waren es drei Sorten, die auch jeden Tag wechselten. Dazu Trauben, Cracker, Knäckebrot und verschiedenes aufgeschnittenes frisches Obst.


Als Beispiel mal das Kapitäns Abschieds Gala Abendessen.

Buntes Salatbukett mit Nussdressing mit gegrillten Hühnerbruststreifen
Vs.
Parmaschinken mit Melonenschiffchen und geriebenem Parmesan
(Das erste Mal, dass ständig Kameras klickten, weil die Optik viele Esser begeistert hat!)

Klare Tomatenbrühe mit Quarkklößchen (hielt ich irrtümlich für eine Fingerschale)
Vs.
Kalbfleischcremesuppe mit Räucherlachsstreifen und Schlagsahne

Goldbraune Kartoffelblinis an Kräutersauce mit Lachskaviar

Zitronensorbet mit Wodka und Schaumwein (Lazlo und Co. haben uns beobachtet, ob wir überhaupt Alkohol vertragen, weil wir bislang nur Coca Cola light und Mineralwasser bestellt haben... Hicks...)

Pochierter Fischzopf von Heilbutt und Lachs auf Hummer-Buttersauce gereicht mit Brokkoli-Blumenkohlröschen und Tomatenreis
Vs.
Gebratenes Kalbsmedaillon „Marcelle“ in Eimantel mit Champignons à la Crème präsentiert an Gnocchi und glasierten Cherrytomaten
Vs.
Rinderfilet „Wellington“ im Blätterteigmantel serviert mit Gemüsebukett mit Herzoginkartoffel
Vs.
Grüner Stangenspargel mit Sauce Hollandaise und gebutterten Kartoffeln (ich hatte nie den Eindruck, dass es die Convenience-Ware der Kantinen ist, die tagelang in Wasser steht und nur nach Stärke schmeckt – sondern handgeschält!)

„Baked Alaska“

Käse & Früchte


Wenn ich das jeden Tag bekommen hätte, wäre es mir persönlich zu viel geworden. Bei den tollen Suppengrundlagen hätte ich mich auch über eine Linsensuppe gefreut.

Und wer eben jeden Abend nicht gut-bürgerlich essen wollte, konnte sich das wie folgt zusammenstellen:

So: Gebratene Schnitte von Flunder auf Paprikaschaum arrangiert mit Karottengemüse und Petersilienkartoffel
Mo: Pochiertes Hühnchen in Chablisrahmsauce mit Croutons und Champignons arrangiert an gefüllter Tomate und grünen Nudeln
Di: Roastbeef am Stück auf Schalottensauce serviert mit frischen Bohnenbündchen und Kartoffelgratin
Mi: „Ryba“ Gegrilltes Lachskotelett mit Zitronenbutter, Gurken-Dillgemüse und Naturkartoffeln
Do: „Meerhähnchen im Drachenöl gegrillt mit Planktongras“ Gegrillter Hühnerschenkel mit Avocadokruste arrangiert an Blumenkohl und Paprikareis
Fr: Schwertfisch in Knoblauch-Rosmarinöl gebraten mit Lauchgemüse à la Crème und Butterkartoffeln
Sa: Rinderfilet „Wellington“ im Blätterteigmantel serviert mit Gemüsebukett mit Herzoginkartoffel

Worüber ich mich auch sehr gefreut habe: Die Kellner haben die Speisekarten jeden Abend eingesammelt und uns über die Dauer der Reise zusammengestellt am letzten Tag überreicht. So werden wir Gabor und Istvan niemals vergessen.


Dieses Jahr werden wir sicherlich nicht mehr schaffen, nochmals auf große Reise zu gehen.

Aber mal sehen, ob wir es im nächsten Jahr schaffen.

Ich würde mich freuen, wenn ich von den nächsten Reisenden auf der Lili Marleen deren Erfahrungen mitlesen könnte. Erzählt mir, was aus meinen Freunden auf der Lili Marleen geworden ist, wenn ihr mit ihr unterwegs seid.

Und wenn ich erreicht habe, dass nur einer, der schon die Reise gebucht hat, und zunächst genauso skeptisch war und sich jetzt auf seine Reise freut, dann ist schon das Ziel erreicht.

Viel Spaß auf der Lili Marleen – ein Schiff, das eine neue Chance verdient hat.


Bis zum nächsten Mal in diesem Theater und vielen Dank für euren Zuspruch, über den ich mich sehr gefreut habe.

Herzliche Grüße aus dem Odenwald!
Und mit der Traurigkeit, dass die Lili Marleen sich auf dem Weg nach Oslo befindet und ich nicht mit der 2. Tischzeit in der Willkommensshow sitzen kann.

HeinBloed
alias Tien
in der Rolle von Peter Scholl-Latour aus den Krisenregionen dieser Welt



P. S. Vielen Dank für den Vorschlag als Krisenreporter zu fungieren. Ist Alter ein Kriterium für Probleme? Ich habe auf der Rückfahrt von Warnemünde schon ein paar Seiten im Internet wieder besucht, weil uns wohl das Kreuzfahrtvirus infiziert hat. Darunter auch die Seite von Kreuzfahrten Sonne. Dort wurde für die ALBATROS das Baujahr 1957 genannt, d. h sie könnte fast Mutter der 30 Jahren jungen LILI MARLEEN sein... Wurde denn im Jahre 2004 es geschafft aus einem alten Rind einen zarten Kalbsbraten zu machen? Wäre das eine Herausforderung für mich – oder gibt es bessere.

Danke nochmals – Mir hat es auch sehr viel Spaß gemacht für euch zu schreiben.

Und vielleicht schaffe ich es noch ein paar Bilder ins Netz zu stellen. Das braucht aber noch ein paar Tage.


Ein allerletztes mal HeinBloed live vom PC...


Wie versprochen noch ein paar Bilder von unserer



Als besonderen Service für alle diejenigen, die nur auf die Lili Marleen fahren, um zu nörgeln und zu klagen, folgender Bilderservice, damit ihr schneller beim Suchen der Mängel durchkommt und keine eigene Kamera mitnehmen müsst:

Direkt an der Tür sieht es so aus:



Wie beschrieben: es sieht hier überall so aus, wie auf der Akropolis! Nur ganz ehrlich: ich sitze entweder auf meinem Bett und bin so weit weg, dass ich es sowieso nicht sehe oder ich schlafe und es ist dunkel und ich sehe es auch nicht!

Dann der Kleiderschrank:



Allerdings hatte ich mich nicht selbst aufgehangen, sondern nur meine Klamotten. Sie haben sogar extra Licht im Kleiderschrank, damit ich es noch besser sehe. Und soooooo wenig Platz:



Neben unserem Koffer und dem ARAL-Reisetrolley hätten wir nur noch Platz für zwei Koffer gehabt. Wir hätten keinesfalls gewusst, wohin wir unsere Hutschachteln packen können...

Weiter geht es in das Bad:



Wer jetzt genau hinguckt wird feststellen, dass die Scharnieren des WC-Sitz grünlich angelaufen sind. Nur, wer die Scharnieren beim im Stehen Pinkeln sieht, hat offensichtlich vergessen die Brille aufzuklappen! Und darf sich dann nicht wundern, dass es ständig nass im Bad ist! Das liegt aber nicht an den Leitungen. Ansonsten ist der Knopf für die WC-Spülung schief eingesetzt, aber dass dürfte nur ein Problem für diejenigen sein, die versuchen in diesem Fall den Knopf gerade hineindrücken. Wer schlau ist, drückt in diesem Fall schief rein und schon läuft es!!!

In der Dusche sieht es so aus:



Sieht auch aus wie auf der Akropolis. Aber es ist sauber und ich habe mich selten länger als fünf Minuten pro Tag darin aufgehalten. Und davon hatte mindestens zwei Minuten Shampoo in den Augen und konnte sowieso nichts sehen. In anderen Duschen gab es schon z. T. GROHE Ausstattung. Das erinnert mehr an VEB Menschenreinigungsgeräte. ABER auch hier: voll funktionstüchtig. Es gab kaltes und sogar heißes Wasser, und sogar warmes Wasser, wenn man in der Lage war beide in einem bestimmten Verhältnis auf- und wieder zuzudrehen. Wer jedoch Freunde hat bei HENKEL Reinigungsmittel GmbH: deren Labor freut sich über jede Herausforderung. Früher habe ich alle Hemden denen geschickt, die ich mit Persil nicht sauberbekommen habe. Und dann kam sie tip top wieder inkl. Lösungsvorschläge und Proben.

Und so sieht es in einer 2 Mann Außenkabine mit Bullaugen aus:



Von dort aus gibt es einen herrlichen Blick auf die Minibar, sogar mit einer Kühlmöglichkeit (siehe Eisbehälter). Julia Roberts' "Tod durch Minibar" wie aus dem Film "Die Hochzeit meines besten Freundes" ist leider nicht möglich:



und auf den Giga-Flatscreen-16:9-HDTV-Fernseher der neuesten Generation, wenn man einigermaßen Fantasie hat:



Sinnvoll wäre es von einem Seizmologischen Institut sich ein Messgerät auszuleihen, um die Vibrationen messen zu können. Für Klage-Anfänger kann ich euch auch auf Anfrage Erschütterungsindikatoren schicken, mit denen wir bei Transporten feststellen, wie sorgfältig eine Spedition mit unseren Waren umgegangen ist.

Auch sollte man in einem guten Tonstudio sich ggfls. ein geeichtes Meßgerät besorgen, um die Lautstärke in den Kabinen zu messen.

Diese Angaben konnte ich leider auf den Bildern nicht übertragen.

Beim Verlassen haben wir auch andere Kabinen mal auf unserem Deck gesehen. Manche sind schon aufgewertet worden. Ich denke, dass wir eine Kabine erwischt haben, die es noch vor sich hat. Deswegen trotz dieser Bilder: Es wirkt zwar immer wie auf der Akropolis, aber es ist blitzblank sauber und zählt für mich alleine!!!

Draußen sieht es so aus:



Und wenn du früh genug aufstehst, um die Reservierungsschilder aufzustellen, solltest du vorher auch noch einen Putzlappen besorgen. Wenn du später kommst, hast du Pech gehabt: Die Crew hat alle Liegestühle bereits aufgestellt und abgewischt und wenn du wach genug bist, wirst du dich auch noch an das große blaue Badehandtuch erinnern, das im Zimmer liegt und zum darauf legen auf die Liegestühle gedacht ist, um die schwarzen Flecken zu überdecken.

Und spätestens bei einem solchen Anblick:



Wäre dann es nicht höchste Zeit, die Bilder für die Klage, die von meiner Homepage runtergeladen wurden, wieder zu löschen und endlich die Kreuzfahrt zu genießen???

Wer es bei diesem Anblick nicht schafft umzuschalten, dem möchte ich folgenden Tipp geben: Zu Hause bleiben und das Geld für die Kreuzfahrt sparen. Dann muss man sich nicht über die LILI MARLEEN ärgern und kann sich ggfls. selbst verklagen, wenn der Urlaub auf Balkonien schief läuft.

Daher die letzten Eindrücke und Tipps für einen schönen Urlaub auf der Lili Marleen:

Anreise auf der Wasserseite in Warnemünde:



und so sieht der allererste Blick auf die Lili aus der Ferne aus:



und so wenn man zum ersten Mal langsam an ihr vorbeigefahren ist und sich eine gewisse Spannung aufbaut



wird es höchste Zeit, dass man an Bord kommt!!!

Und noch ein paar Eindrücke aus den Stationen unterwegs in alphabetischer Reihenfolge:













und weitere Bilder zwischen den Stationen solltet ihr schon selbst machen. Das sollte ja nur zur Vorbereitung für euch und zu eurer Vorfreude als Amuse Geulle sein.

Liebe Grüße aus dem Odenwald
HeinBloed


Bonus 2012:

Meine 50. Kreuzfahrt auf dem selben Schiff verbracht.

https://heinbloed-minis.blogspot.de/2012/06/tagday-11-auf-deron-ocean-countess-in.html

Sie hieß zwar jetzt OCEAN COUNTESS, aber vieles haben wir wiedererkannt.


Bonus 2013: